: Unterm Strich
War's nun doch der Buchhalter? Achille Peirano, Finanzchef des Piccolo Teatro in Mailand, hat die Verantwortung für den Mißbrauch von EG-Geldern übernommen, der bisher dem Regisseur und Theaterchef Giorgio Strehler vorgeworfen wurde. Genaugenommen hat Peirano der Staatsanwaltschaft allerdings nur in einem Brief versichert, Strehler sei „unschuldig“. Die Ermittlungsbehörde möchte es nun schon etwas genauer wissen und hat den Theaterbuchhalter für den 7. Januar zum Verhör geladen. Es geht um 718 Millionen Lire (etwa 900.000 Mark), die die EG für „Lehrveranstaltungen und Ausbildungszwecke“ bezahlt hat, tatsächlich aber für Strehlers Faust-Inszenierungen ausgegeben worden sein sollen. Peirano bestätigt diesen Verdacht mit der Schutzbehauptung, niemand habe sich bereichert, alles Geld sei „nur dem Theater zugute gekommen“. Pech für Strehler, denn nun mag niemand glauben, daß ausgerechnet er von diesem edlen Zweck der Unterschlagung nichts gewußt haben soll. Er hat schon mal drei Monate Urlaub genommen. Vielleicht findet er doch noch den Gärtner, der das Zeug irgendwo vergraben hat?
Ernst Barlachs Atelierhaus in Güstrow soll nun doch kein Hotel werden. Enkel Hans Barlach hatte gedroht, die Liegenschaft dem nächstbesten Investor zu verkaufen, weil sich das Land Mecklenburg-Vorpommern plötzlich nicht mehr in der Lage sah, dringend erforderliche Renovierungen zu bezahlen. Das Barlach-Haus wurde bislang als Gedenkstätte genutzt und war gut besucht. Hans Barlach möchte es einer „Schönheitskur“ unterziehen, um den „Standard der Sammlung zu verbessern“, wie er am Mittwoch sagte. Verhandlungen über die Gründung einer Trägerstiftung stehen vor dem Abschluß. Die Bestände umfassen mehr als 350 Skulpturen, Plastiken und Werkmodelle, 125 Skizzenbücher und zahlreiche literarische Manuskripte von Ernst Barlach.
Kardinal Glemp, Primas der polnischen Katholiken, hat tiefes Verständnis für seine Brüder im Geiste, den Ajatollah Komeini und seine Nachfolger, gezeigt, die gegen den Dichter Salman Rushdie einen Mordbefehl ausgesprochen haben. Den Christen Glemp scheint das nicht zu stören. Er schreibt in seiner Weihnachtsbotschaft, auch Salman Rushdies „Satanische Verse“ schließen sich der „derzeitigen Mode an, das Heilige zu besudeln“. Wann wurde eigentlich in Polen der letzte Ketzer verbrannt?
Der deutsche Kaiser geht in den Puff. Wenigstens in Görlitz kann er sich mal erholen. Dort ist eine Ruhmeshalle, die einst für ihn gebaut worden ist, zu einem Nachtklub umgebaut worden. Was den Wilhelm daran stören könnte, ist lediglich der Umstand, daß sein Etablissement im heute polnischen Teil der Stadt liegt. Nun ja, dann muß halt mal wieder einmarschieren, der Deutsche, nicht wahr?
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