: Unterm Strich
Ein bißchen Hauptstadt soll nun doch bleiben in der rheinischen Provinz. Inter Nationes, die kulturelle Mittlerorganisation der Bundesrepublik für das Ausland, wird auch nach dem Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin ihren Hauptsitz in Bonn behalten. Die Kulturorganisation will jedoch eine Repräsentanz mit zehn bis zwölf der insgesamt 152 Mitarbeiter in der Spreemetropole errichten. Nach Angaben des Bonner Generalanzeigers hatte der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Regierungssprecher Peter Hausmann, dafür gesorgt, daß der Vorstoß eines „Berlin-Komitees“ für einen Umzug an die Spree von der Tagesordnung genommen worden sei. Die Mitgliederversammlung habe allerdings die Forderung der Berlin-Gruppe kontrovers diskutiert. Während Hausmann der Auffassung gewesen sei, einer kulturellen Mittlerorganisation stehe es gut an, wenn sie in Bonn bleibe, habe sich ein Sprecher der sogenannten Berlin-Fraktion auf ein Zitat von Lenin berufen, um den Vorstoß zu rechtfertigen: „Der Herr Berlins sei auch der Herr Deutschlands.“ Zu historischen Schritten gehört nun auch einmal ein bißchen Klappern. Was tun, Bonner?
Zur Veroperung von Willy Brandt hat Johannes Rau nur bedingt entschuldigt (Termine, Termine) gefehlt. Jetzt kennen wir den wahren Grund. Er mußte sich auf eine Rede vorbereiten. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident ist nämlich mit dem Kulturpreis Europa ausgezeichnet worden. Der Ehrenpreis wird alljährlich vom Kulturforum Europa an Persönlichkeiten vergeben, die sich für einen Abbau von Vorurteilen und gegen Fremdenfeindlichkeit in Europa engagieren. Zu den Mitgliedern des 1992 vom ehemaligen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher gegründeten Forums gehören neben anderen der britische Thronfolger Prinz Charles und der Schauspieler Peter Ustinov. Das Kulturforum Europa sprach dem SPD-Politiker Johannes Rau die Auszeichnung vor allem für seinen Einsatz für das Verhältnis zwischen Europa und Israel zu. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky würdigte Rau als einen Menschen, der gegen Ausländerhaß und Antisemitismus Zeichen gesetzt habe.
Unsereiner würde ja auch gern einmal preisen: den taz-Essay-Preis zum Beispiel für ausgesucht gelungene Stücke, einen Gedanken zu fassen. Mangels Spendenmasse bleibt uns aber meistens nur, die Gaben der anderen zu verkünden. In diesem Fall die der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an Peter von Matt. Der Zürcher Literaturwissenschaftler bekommt den mit 20.000 Mark dotierten Preis der Frankfurter Anthologie. Von Matt wird ob seiner „sachlich präzisen und sprachlich virtuosen Interpretation deutscher Gedichte“ gerühmt. Von Matts Deutungen zeichnen sich über dies „durch ihren oft überraschenden Blick auf die poetische Überlieferung“ aus. Glückwunsch.
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