Unterbringung von Flüchtlingen: Neues Kreuzberger Modell
Seit Monaten steht in einer ehemaligen Schule eine fertige Flüchtlingsunterkunft leer. Nun bietet der Bezirk dem Land das Gebäude sogar mietfrei an.
Einem ungewöhnlichen grün-schwarzen Bündnis sei Dank: Kreuzberg bekommt doch noch vor der Wahl eine neue Flüchtlingsunterkunft. Am heutigen Montag ziehen die ersten 49 Menschen in den Nordflügel der ehemaligen Gerhard-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße ein, allesamt Familien aus der Turnhalle Geibelstraße, sagte eine Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) der taz.
Möglich ist dies, weil der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dem neuen Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten das Gebäudeteil bis Jahresende mietfrei überlässt. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) erklärte der taz am Sonntag, man brauche dringend eine Unterkunft für besonders Schutzbedürftige. „Die Zustände in den Turnhallen werden immer dramatischer.“ Zudem habe man großes Interesse daran, die Flüchtlinge im Bezirk zu halten – gerade die Familien in den Turnhallen seien sehr gut integriert und vernetzt.
Die neu eingerichtete Notunterkunft mit 109 Plätzen in der ehemals von 200 Oranienplatz-Flüchtlingen besetzten früheren Schule steht seit über acht Monaten bezugsfertig leer. Zunächst war es dem bis August zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales – vermutlich wegen Arbeitsüberlastung – nicht möglich, einen Vertrag mit dem Betreiber, der Johanniter Unfallhilfe, abzuschließen. Dann hatte die CDU im Juni im Hauptausschuss die Freigabe von Mitteln für die Miete blockiert mit dem Argument, der Bezirk müsse erst für die Besetzer im Südflügel des Gebäudes eine Lösung finden. Dem Vernehmen nach soll Senator Czaja geschäumt haben über die Blockade seiner Fraktion – zumal sich der Auszug von Flüchtlingen aus den weiterhin über 40 belegten Turnhallen ohnehin verzögert.
Auch der Bezirk drängt seit Wochen auf die Schließung der Turnhalle Geibelstraße. Es gebe viele Probleme mit dem Betreiber, beklagten Herrmann und der Verein „Kreuzberg hilft“ wiederholt. Doch nicht alle Bewohner von dort kommen nun in der Ohlauer Straße unter: 58 allein reisende Männer mussten den Bezirk verlassen. Laut Czajas Sprecherin zogen sie am Wochenende in die Notunterkünfte Köpenicker Allee (Karlshorst) und Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne (Spandau).
Die neue Unterkunft in der Ohlauer Straße ist zunächst ebenfalls „nur“ eine Notunterkunft, in der die Flüchtlinge Vollverpflegung bekommen. Über kurz oder lang soll sie jedoch Gemeinschaftsunterkunft mit Küchen für die Bewohner werden.
In den anderen Gebäudeteilen der früheren Schule sind die Pläne des Bezirks noch nicht so weit gediehen: Große Teile des Südflügels halten weiterhin 13 Besetzer in ihrer Hand, der Bezirk hat gegen sie inzwischen Räumungsklagen eingereicht. Es gebe aber wieder Gespräche mit dem Ziel, einen Kompromiss zu finden, so Herrmann. „Ich bin weiterhin an Lösungen interessiert“, die Besetzer könnten noch immer in die Pläne für den Komplex einbezogen werden.
Die sehen für einen Großteil des Geländes einen Neubau vor, mit Wohnungen für Flüchtlinge, alleinerziehende Frauen mit Kindern und Geringverdiener sowie eine Familienbibliothek. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge sollte eigentlich im Herbst mit dem Bau beginnen, dies verzögert sich laut Herrmann nun bis zum kommenden Frühjahr. Mit Beschwerden von Anwohnern gegen die „Campus“-Pläne habe dies aber nichts zu tun. Bei einer Nachbarschaftsversammlung im Juli hatte es Proteste wegen der dichten Bebauung, nötigen Baumfällungen und der Bewohnerschaft gegeben. An diesen Plänen werde aber nicht mehr gerüttelt, so die Bürgermeisterin.
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