Unter Denkmalschutz: Die Schilleroper bleibt
In St. Pauli ist ein historischer Zirkusbau aus Stahl endgültig geschützt, hat das Oberverwaltungsgericht entschieden. Die Eigentümer wollten ihn eigentlich abreißen.
Der historische Rundbau der Schilleroper im Stadtteil St. Pauli steht nun unter Denkmalschutz. Die Eisenkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert ist die einzige ihrer Art in ganz Deutschland und war einmal als Zirkusgebäude gebaut worden. Doch in den letzten Jahren stand das Haus leer. Seit 2006 hatte die Erbengemeinschaft, die das Bauwerk besitzt, mit der Stadt um dessen Abriss gestritten. Jetzt entschied das Oberverwaltungsgericht: Die Schilleroper muss bleiben.
Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) sagt, sie freue sich über das Urteil. Die Stahlkonstruktion habe einen sehr hohen geschichtlichen Wert. Sie strebe „nun mit dem Eigentümer eine einvernehmliche Lösung zum Erhalt der Schilleroper an“. Möglich wäre etwa, die Oper zu demontieren und sie leicht nach Norden versetzt wieder aufzubauen. So könnten nebenan Wohnungen gebaut werden. Die ersten Gespräche dazu verliefen sehr konstruktiv, heißt es von Kisseler.
Bezirkspolitiker Michael Osterburg von den Grünen ist skeptisch. Im Stadtteil sei man auf die Erben nicht gut zu sprechen. „Die sollen endlich was tun und nicht immer nur die Gerichte sprechen lassen“, sagt er. Sollten die Eigentümer das denkmalgeschützte Gebäude verrotten lassen, erwarte er, dass der Senat selbst die Renovierung übernimmt – und den Erben in Rechnung stellt.
Die Schilleroper war 1889 als repräsentativer, fester Zirkusbau eröffnet worden. Die Manege mit einem Durchmesser von 13 Metern wurde später zum Theater und dann zur Oper umfunktioniert. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Gebäude dann Garage, Wohnraum und Gaststätte.
In den 90er-Jahren sah ein Sanierungsplan vor, aus dem runden Bauwerk ein Stadtteilzentrum für Märkte, kulturelle und politische Veranstaltungen oder Stadtteilfeste zu machen. Doch dazu kam es nie. Stattdessen mietete das Bezirksamt das marode Haus und nutzte es als eine umstrittene Notunterkunft für Obdachlose. Proteste stoppten die Unterbringung von Flüchtlingsfamilien.
Später zogen ein Barbetrieb und Musik- und Kulturveranstaltungen in das Foyergebäude der Schilleroper ein. 2004 wurde die Sanierung des Viertels an der Schilleroper in St. Pauli offiziell beendet. Bloß der alte Zirkus selbst war unverändert geblieben.
Erben-Anwalt Thomas Scheliga sagte der Zeitung Die Welt, man könne sich kleinere Veranstaltungsräume, ein Loft oderWohnungen in dem Rundbau vorstellen. Das Eisenkonstrukt wieder als Veranstaltungsraum zu nutzen, sei dagegen „rechtlich und technisch komplex“.
Im Herbst 2011 hatten rund 60 Aktivisten die Schilleroper besetzt und gefordert, das Haus zu erhalten und bedürfnisorientiert zu nutzen. „Wir brauchen keinen zweiten Wasserturm, kein zweites Mövenpick-Hotel und nicht noch mehr angesagte Modeläden, Restaurants und Kneipen, in denen sich doch immer wieder das gleiche Volk sammelt“, sagten sie damals.
Heute fordert das auch die grüne Bürgerschaftsfraktion. Der Eigentümer solle den Raum der Schilleroper so verwenden, dass er „auf die Nöte der Menschen im Quartier eingeht“, sagt Grünen-Sprecher Christoph Zielinski. Kultursenatorin Kisseler rückt dagegen den Denkmalschutz in den Vordergrund. Solange er hierfür die Auflagen einhalte, sei die Nutzung des Gebäudes allein die „Entscheidung des Eigentümers“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung