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"Unser Star für Baku"Wer war nochmal Lena?

Am Donnerstag startete die neue Staffel des deutschen Vorentscheids zum Eurovision Song Contest: "Unser Star für Baku". Ein fulminanter Einstiegsabend.

Jury-Darling Roman Lob. Bild: dpa

Unterm Strich müssen sich Stefan Raab, seine Firma Brainpool und auch die ARD über diesen Zuspruch freuen: 2,44 Millionen Menschen guckten Donnerstag abend die erste von neun Shows unter dem Titel "Unser Star für Baku" . Damit schauten mehr Menschen, als vor zwei Jahren, bei der Premiere dieses Formats, die den Siegeszug von Lena Meyer-Landrut einläutete.

Mit 8,2 Prozent Marktanteil - 15,6 Prozent unter den "marktrelevanten" 14- bis 49-Jährigen - kommt auch dieser Wert für beide beteiligten Sender einem behaglichen Fundus für die nächsten Wochen gleich. Anders als "Deutschland sucht den Superstar" oder "The Voice of Germany" setzt "Unser Star für Baku" vollständig auf ein Publikum, das viel mit Independent und gehobener Coffeeshopmusik anfangen kann.

Geladen waren zum Casting Performende, die auch in einem nichtkriminellen Sinne irre sind, die sich zutrauen, besonders zu sein - und deren ästhetisches Vermögen nicht bereits mit der Nennung von Namen wie Curtis Stigers oder Whitney Houston erschöpft ist. "Unser Star für Baku" ist, für den Siegenden, die Fahrkarte zur Europameisterschaft des Pop, zum Eurovision Song Contest am 26. Mai in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku.

Lena vergessen machen

Worum es ging, wurde weder von der dreiköpfigen Jury, noch von den Moderatoren Steven Gätjen und Sabine Rieß angesprochen: Lena Meyer-Landrut vergessen zu machen. Zu ignorieren, dass da eine vor zwei Jahren aus Hannover angescheppert kam, noch zur Schule ging, 'was mit Medien' machen wollte - und durch eine gewisse Verstrahltheit im Gesamtbenehmen schließlich alle verführte und gewann.

Dieses Format - aus zum künstlerischen Anspruch neigenden jungen Menschen alles herauszuholen, was an Charisma womöglich noch brach liegt - hat sich bewährt und ist nur in einer Hinsicht neu justiert: Nicht mehr Stefan Raab - der in seinem Metier der glühendste Eurovision-Song-Contest-Nerd ist -, sondern Thomas D von den Fanta 4 gibt den Jurypräsidenten. Er und Raab werden, neben Frida-Gold-Frau Alina Süggeler, die gesamte Staffel über das Gericht geben.

Raab produziert die Shows, er führt die differenziertesten Urteile über die Kandidierenden vor, er ist der Kenner dessen, was modernes Schaugewerbe auszeichnet: eine Mixtur aus handwerklich mindestens solidem Können und das Talent zur Entrückung in den drei Minuten des Auftritts. Aber war das auch eine gute Sendung? War es "ganz schön fies", wie Spiegel Online am Tag danach schrieb? Konnte es das Zuschauen verderben, dass das Televoting (Anrufe & SMSs) von der ersten Sekunde an eingeblendet wurde?

Zweifelhafter Geschmack

Es bleibt ein zweifelhafter Geschmack übrig. Alle guckten ständig auf das Ranking, alle wussten, dass nur fünf aus der Zehnerriege weiterkommen werden. Und es gehört viel Glauben an die Nichtexistenz von Verschwörungen und technischen Manipulationen dazu, um die Spannung des gestrigen Abends für plausibel zu halten. Denn: Bis eine halbe Minute vor dem Ende der Sendung lagen sechs KandidatInnen mit 14,5 Prozent der Zustimmungen gemeinsam vorne. Einer von ihnen musste noch ausgesiebt werden - Statistikwissenschaftler können vielleicht erklären, wie es zu diesem Kopf-an-Kopf-Rennen kommen konnte.

Beziehungsweise: Wie es kam, dass eine Kandidatin wie Katja Petri 45 Sekunden vor dem Ende noch auf Platz sechs lag, eine Viertelminute später auf Platz zwei ... Und Shelley, die leicht angenehm bekloppt wirkende Amy-Winehouse-"Valery"-Interpretin - ein Darling der Jury! - auszuscheiden drohte, aber dann durch offenkundige Sympathiebekundungen von Thomas D und Raab doch noch die abendliche Wertung gar gewann. Waren es so wenige Anrufe, dass die Verschiebungen so leicht gelangen - oder saß da jemand am Masterpult und schob an Reglern?

Musikalisch? Acht der zehn Kandidaten entspringen mittelschichtigen Abitursverhältnissen, die meisten der Youngster studieren; der türkische Deutsche, der wirklich mies war, arbeitet in einem Call Center und wirkte wie Roman Lob, Industriemechaniker aus dem Rheinischen, wie ein Alien unter triebgehemmten Neobildungsbürgern.

Lob aber bekam vor allem Roman Lob, der Superschatz der Jury. Basecap, Tattoos auf eher karger Brust, smart-lebendig im Gespräch, künstlerisch eher beheimatet im Ultra-Heavy-Metal-Sektor, gab den funkigen Scatter, den HipHopper mit famoser Bühnenpräsenz. Es wäre ein Wunder, käme er nicht mindestens ins Finale am 19. Februar in der ARD.

Es läge an Shelley, ihn daran zu hindern, womöglich auch nach Aserbaidschan fahren zu dürfen. Er hat Klasse, er war vor allem das, was Lena vergessen ließ. Aber überhaupt: Wer war nochmal Lena?

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12 Kommentare

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  • M
    Maurice

    Wer war noch mal Lena?

    für alle die es schon vergessen haben, sie war "die Rache des Establishments für Deutschland sucht den Suppenstar." Herr Feddersen war ja auch ganz hin und weg von ihr. Endlich steht da mal eine, die nicht von der untersten Stufe der Gesellschaft kommt, konnte man Herrn Matussek vom Spiegel sagen hören. Dass sie nicht singen kann und eigentlich ein eher langweiliges, biederes Mädchen aus der norddeutschen Tiefebene ist, hat man hingenommen.

     

    Die Ansprüche scheinen da nicht besonders hoch zu sein. Die Art und Weise, wie die vom Establishment gefeiert, mit Preisen behängt und auch vom Feuilleton bejubelt wurde, hatte aber auch gar nichts mit ihren tatsächlichen Leistungen zu tun.

     

    Es ging wohl eher darum, der Dumpfbacke von Deutschland sucht den Suppenstar, der ebenfalls aus der norddeutschen Tiefebene stammt, zu zeigen, wie man aus jemand, der nicht singen und auch sonst nichts kann, trotzdem einen Star macht.

     

    Seitdem die den fürchterlichsten Gesangwettbewerb der Welt gewonnen hat, macht sie nur noch Zickentheater. Was soll man auch machen, wenn man sonst nichts kann?

  • V
    vic

    Lena, das ist die, die nicht singen kann und die

    trotzdem alle gaanz supi finden.

    Mir geht das alle am A. vorbei. Viel Glück für alle.

  • T
    Thorsten

    Jan Feddersen - Der, der seine Fahne in den Wind dreht.

    Gestern fand er Lena super, heute will er sie am liebsten vergessen. Er sollte sich schämen.

  • H
    Holger

    Gerade Sie, Herr Feddersen, sollten wissen, dass Lena auch Sie erst bekannt gemacht hat. Auch deshalb finde ich Ihr Geschreibsel respektlos und unverschämt. Und ich wette mit Ihnen, dass man Lena noch in 50 Jahren kennen wird, während die Kandidaten für Baku bald wieder vergessen sein werden. Es sind sehr gute Sänger dabei aber Charisma habe ich bei keinem entdecken können.

  • W
    wiki

    Da versucht der Jan Feddersen mal was ironisch zu schreiben und gleich geht ihr auf ihn los. Bis dato ist noch nichts zu sehen gewesen, was mich vom Hocker reißt wie vor fast 2 Jahren schon in der ersten Sendung. Aber mein Favorit kann ja noch kommen...

    Wenn nächsten Do. nix besseres kommt muss die ... wie hiess sie noch...halt noch einmal ran! ;-)

  • RR
    Richi Ray

    Guter Bericht! Sehr gute Denkanstösse! Aber liebes Taz-Team...was ist ein Scatter? Naja für mich schaut dieser Hr. Lob aus wie ein Skater ;-)

  • S
    Susann

    Wer ist eigentlich Feddersen? Ein selbsternannter ESC-Experte aus der blöden alten Zeit der Mettigel, dessen Prognosen stets ins Leere gehen, der seine Ansicht öfter wechselt als andere ihr Hemd.

  • L
    lisa.lustig80@yahoo.de

    Klar, ein Star für Baku und the Voice müssen sich abheben von DSDS. Schön, man nimmt dann gestandene Musiker oder angehende Gymnasiasten - Schön für Deutschland - wie sauber dann die deutsche Musikwelt ist. Passend zu Nena, Xavier Naidoo, Fanta 4 und wie sie alle heißen, die sich gar nicht erst mit dem Mob der Straße auseinandersetzen. Lohnt sich wohl nicht, müsste man sich auf deren Sprache, auf deren Gefühlswelt einlassen. Die will doch eh keiner. Kohle und Quoten kann man auch mit den Guten und bildungstechnisch angenehmen Jugendlichen machen, die taugen was. Nicht mit den Kids die teils aus problematischten Verhältnissen kommen und einen kleinen Traum mitbringen, auch mal was von der bunten Glitzerwelt im TV zu erleben.

     

    Na ja, Bohlen der für DSDS steht ist ein Arxxx, aber immerhin blendet er nicht eine ganze Genaration Hartz 4 - Jugendlicher aus. Für ne linke Zeitung find ich die Kommentare immer unterirdisch. Denn eins ist wohl klar, jedes dieser Formate hat nur einen Zweck, Kohle zu machen und beileibe nicht um die Jugendlichen bzw. bei the Voice um die teils gestandenen Musiker.

  • L
    Luke

    Ach der gute alte Roman Lob,

    Hat auch schonmal bei DSDS sein Glück versucht!

    Mal schaun, wie weit er kommt,

    das Talent hat er definitiv!

  • R
    reblek

    Kann die taz diesen Herrn Feddersen mit seinem Gesäusel über den Euro-Singsang nicht zu "Bravo" oder einem anderen einschlägigen Organ schicken? Bei der Lektüre solcher Texte wünscht mensch sich doch glatt das Pressefreiheitsverständnis von Herrn Wulff herbei.

  • TK
    Thomas Kluge

    Die Fakten bzw. Beobachtungen über die Sendung an sich gehen in Ordnung. Aber WARUM geht dieser "Artikel" so gegen Lena los? Zuschauer haben sich für sie entschieden in 2010, sowohl deutschland- als auch europaweit. Man mag über sie denken, was man will, aber die Sätze über Lena gehen weit über Journalismus hinaus, muten eher an wie eine Hetze gegen einen jungen Menschen, der vorgestern und gestern noch hochgejubelt wurde. Armes Deutschland, arme TAZ!

    Klar, Lena war gestern heute sind es andere und nicht jeder Auftritt der Künstlerin gehen in Ordnung. Aber das geht dieses Geschreibe auch nicht!

    Für den Autor: sechs, sitzenbleiben und nachsitzen...vielleicht klappt es dann mit einer journalistischen Laufbahn. Denn ein solcher "Artikel" folgt nur dem momentanen "Hat-auf-Lena-drauf"-mainstream! Schade!

  • O
    Oliver

    Eine ermüdende Sendung, die durch die Mini-Playback-Show-Kommentare gerade von Stephan Raab noch einschläfernder wurde. Was besonders auffiel war das musikalische Unvermögen der Beteiligten und die Ausstrahlung von etwas Besonderem. Ich habe mich nach Lena zurück gesehnt. Oder zu den Ausgeschiedenen aus Voice of Germany. Schade drum. Das Jamba-Layout kommt als Abwertung noch oben rauf, zusammen mit der Blitztabelle und der ersten lächerlichen Telefonaktion, wo nach Aussehen bewertet wurde.

     

    Nur noch einmal für die Akten: Der Ex-Grand Prix ist ein Komponistenwettbewerb, kein Sängerwettbewerb. Das hat die Sendung schon in den ersten Minuten versucht, zu verschleiern.