■ Gastkommentar: Unser Dorf soll schöner werden
Zinsen für Bafög, Studiengebühr, in Berlin wird ein Viertel der Studienplätze abrasiert. Diesem beispiellosen Bildungsabbau stehen großkotzige Messehallen, das Milliardengrab Transrapid und ungebremste Subventionen für Saurierindustrien gegenüber. Jubel von CDU bis Bündnisgrün, von Focus bis taz: Endlich kommt er, der schlanke Staat! Protest nur von nörgelnden Betroffenen, die im Sprachgebrauch zur besitzstandswahrenden Klientel mutieren. Ein paar lästige Anmerkungen zur Zukunftsfähigkeit dieser Politik müssen erlaubt sein.
Quantitativ: Im Jahr 2005 werden den 28.000 Studienanfängern aus Berlin/Brandenburg nur 24.000 Studienplätze zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wächst der Druck auf die knappen (und teureren) Ausbildungsplätze. Berlin schickt seine Jugend in die Provinz – bisher war das umgekehrt.
Qualitativ: Berlin soll eine ökologische Metropole, gar „Solarhauptstadt“ werden (träumt der Umweltsenator). Doch wer macht aus der Öko-Rhetorik erlebbare Realität? Nicht die Unis, die nur die technokratischen Fortschrittskonzepte der Fünfziger konservieren, wird zu Recht beklagt. Übersehen werden studentische Projekte, die ökologische und soziale Nischen in den Unis und in der Stadt aufbauten und bis heute gegen die betonierten Visionen der Technokraten verteidigen. Viele dieser Projekte werden den Kahlschlag nicht überleben. Alte Männer in Unis und Senat holen zu einem vorläufig letzten Schlag gegen soziale und ökologische Reformen aus. Unser Dorf soll schöner werden – mit Beton, Benzin und Bürokraten. Die chancenlose Jugend kann sich dann ja der Pflege der übriggebliebenen Grünflächen widmen. Bernd Fick
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