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Unschuldslamm Öcalan

■ PKK-Chef will mit seiner Partei nichts zu tun haben, und Gewalt verabscheute schon immer

Rom (dpa) – Immer wieder für eine Überraschung gut: Der in Rom festgenommene PKK-Chef Abdullah Öcalan will mit der kurdischen Arbeiterpartei nichts mehr zu tun haben: „Ich ziehe mich als Führer zurück. Macht, was ihr wollt. Es ist euer Problem“, sagte er nach italienischen Zeitungsberichten in einem Interview. Darin spricht er sich auch für eine politische Lösung der Kurdenfrage aus.

„Ich bin kein Führer mehr“, sagte Öcalan an die USA gerichtet. „Jetzt kann Washington eine Lösung finden.“ Der 49jährige schloß auch einen Rückzug in die USA nicht aus. „Ankara läßt mich nicht überleben. Ich werde versuchen, einen Platz für mich zu finden, vielleicht in den Vereinigten Staaten.“

Italienische Kommentatoren sprachen von einer unerwartet radikalen Wende. Damit wolle sich der als Terrorist verfolgte Öcalan als Politiker darstellen. „Seit 15 Jahren führt ihr einen schrecklichen Krieg, der keine Zukunft hat“, wendet sich der 49jährige an seine einstigen Gefährten. Scharf geht er mit denen ins Gericht, die er – im Gegensatz zu sich selbst – als Militante bezeichnet. Sie gehorchten nicht, machten ihre eigenen Gesetze, töteten und raubten, sagte er. „Ich kann das nicht akzeptieren“, sagte Öcalan.

Öcalan gibt an, er habe seine Untergebenen immer wieder zum Gewaltverzicht aufgefordert. „Wir sagen ihnen, sie sollen nicht in die Dörfer gehen, sie sollen keine Gewalt anwenden und nicht rauben, aber sie halten sich nicht daran.“ Ausdrücklich erwähnte der Kurdenführer seinen früheren Stellvertreter Semdin Sakik. Dieser ist den Angaben zufolge Anfang des Jahres von der türkischen Armee gefangengenommen worden.

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