Unruhen in Libyen: Panzer nach Tripolis
Nach den Kämpfen am Wochenende schickt die libysche Armee schwere Einheiten in die Hauptstadt. In Bengasi entgeht der Militärgouverneur der Stadt einem Anschlag.
TRIPOLIS afp | Nach blutigen Zusammenstößen zwischen Milizen und Demonstranten hat die libysche Regierung Armeeeinheiten in die Hauptstadt Tripolis entsandt.
Dutzende Panzer und gepanzerte Fahrzeuge fuhren am Montag in den Straßen der Stadt auf. Die Regierung erklärte, „zahlreiche Einheiten der nationalen Armee“ würden an den Hauptverkehrsadern in Tripolis stationiert.
Die Gewalt war am Freitagabend nach einer zunächst friedlichen Demonstration gegen die Milizen in Libyen eskaliert. Aus dem Hauptquartier einer Miliz waren dabei Schüsse auf die Demonstranten abgefeuert worden.
Nach offiziellen Angaben wurden mehr als 40 Menschen bei den Unruhen getötet und mehr als 450 weitere verletzt. Am Samstag hatten Milizionäre aus dem östlich von Tripolis gelegenen Misrata versucht, ihren Kampfgefährten in der Hauptstadt zur Hilfe zu kommen, was neue Kämpfe zwischen bewaffneten Milizen auslöste.
Geheimdienstchef wieder freigelassen
Unterdessen ist der stellvertretende Geheimdienstchef Libyens, Mustafa Nuh, am Montag wieder frei gelassen worden. Es sei unklar, wer für die Entführung am Vortag verantwortlich sei, hieß es aus Geheimdienstkreisen.
Nuh war am Sonntag von Bewaffneten beim Verlassen des Flughafens von Tripolis entführt worden. Nuhs Familie stammt aus Misrata, einer ehemaligen Hochburg der Rebellen.
Aus Protest dagegen hatten die Bewohner der Hauptstadt am Sonntag einen Generalstreik begonnen. Sie protestieren damit gegen die Milizen, denen sie die Schuld für die Eskalation der vergangenen Tage geben. Der Ausstand soll bis Dienstag dauern.
In Bengasi im Osten des Landes entging der Militärgouverneur der Stadt am Montag einem Anschlagsversuch, wie ein Sicherheitsverantwortlicher mitteilte. Bei dem Sprengstoffattentat auf den Konvoi von Oberst Abdallah al-Saiti gab es demnach einen Toten und einen Schwerverletzten. Mehrere Fahrzeuge seien schwer beschädigt worden.
Milizen haben sich in Libyen nach dem Sturz und Tod von Machthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 stark ausgebreitet. Oft handelt es sich bei den Mitgliedern um Rebellen, die im Bürgerkrieg gegen Gaddafi und seine Truppen gekämpft hatten. Sie haben Villen und Wohnanlagen früherer Gaddafi-Getreuer konfisziert und dort Ausbildungs- und Waffenlager eingerichtet. Für die Übergangsregierung stellen die schwer bewaffneten und unberechenbaren Milizen ein zunehmendes Problem dar.
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