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■ Mit Währungscoups auf du und duUnruhe in Kurdistan

Irbil (dpa) – Die Geldwechsler im Scheich-Allah-Basar in der nordirakischen Stadt Irbil haben seit Tagen viel zu tun. Alle, die noch Ersparnisse haben, wollen ihre Dinare gegen ausländische Währungen eintauschen oder irgendwelche Waren kaufen. Die Wirtschaft im kurdisch kontrollierten Norden befindet sich im Ausnahmezustand, seit der irakische Präsident Saddam Hussein vergangene Woche die 25-Dinar-Noten für ungültig erklärte.

Der Dinar, in der letzten Woche offiziell noch 3,30 US-Dollar wert, verliert täglich an Wert. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Zucker, Mehl und Reis sind in wenigen Tagen um 20 Prozent emporgeschnellt. Auch die Preise für Treib- und Brennstoffe, die üblicherweise aus den irakisch-kontrollierten Gebieten hierher geschmuggelt werden, stiegen um das Dreifache. Nun geht die Angst um, Saddam Hussein könnte noch weitere Banknoten aus dem Verkehr ziehen.

Als der irakische Präsident zur Zeit der internationalen Sanktionen im August 1990 neue Banknoten hatte drucken lassen, blieb die Kurdenregion bei den in der Schweiz hergestellten Originalen, darunter die 25-Dinar-Scheine. Nicht zuletzt durch die von der irakischen Regierung betriebene Blockade hat sich die dortige Wirtschaft mehr und mehr vom Rest-Irak getrennt; die Währungspolitik wird aber weiterhin in Bagdad bestimmt.

„Die Regierung will den arabischen Nachbarstaaten Angst machen, indem sie uns als fremden Staat behandelt“, sagte ein Sprecher der Patriotischen Union Kurdistans, auf die separatistischen Bestrebungen der Kurden anspielend. Inoffiziell fordern die kurdischen Führer dazu auf, weiter mit dem verbotenen Geld zu handeln. Denn auf lange Sicht, so die Befürchtung, könnte es zu einem Mangel an neuen Noten kommen, die gegenüber dem Dollar immer weniger wert wären. Das Kurdische Parlament hat sogar die Idee ins Spiel gebracht, die Währung an die türkische Lira zu koppeln. Doch die politischen Folgen einer solchen Annäherung wären nicht abzuschätzen.

Mittlerweile teilen die Banken im Norden Formulare aus, um einen Überblick über den Bestand an 25-Dinar-Noten zu gewinnen. „Wie die meisten Leute habe ich meine Ersparnisse in diesen Noten zu Hause aufbewahrt“, sagte ein Hotelier. Man wisse ja nie, ob Saddam nicht noch zurückkomme. Clare Pointon (Guardian)

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