Unions Kapitän Mattuschka: "Siege machen euphorisch"
Er ist der Liebling der Fans des FC Union. Sogar ein Lied haben sie ihm geschrieben. Ans Aufhören denkt der 33-Jährige noch nicht.
taz: Herr Mattuschka, zunächst mal einen schönen Gruß von Fabian Lustenberger. Wir sollen ausrichten, Hertha warte oben. Wie stehen die Chancen, dass Hertha nicht vergeblich wartet?
Torsten Mattuschka: Das hängt davon ab, wie wir jetzt weiter aus den Puschen kommen. Nach den kommenden Spielen gegen Frankfurt und in St. Pauli wissen wir, wo wir stehen. Wenn wir auf so eine Negativserie wie in der Hinrunde verzichten, stehen die Chancen ganz gut.
Zwei Spiele mit zwei Unentschieden liegen hinter Ihnen. Wie bewerten Sie die letzten beiden Spiele?
Beim Blick auf die Tabelle wird deutlich, was wir verpasst haben. Unglaublich, wie nahe alle Teams beieinander liegen und wie sich auch die Favoriten schwertun. Das muss Ansporn für uns sein.
Was fehlte in den letzten beiden Partien, um als ernsthafter Erstliga-Anwärter zu gelten?
Das ist relativ einfach beantwortet: Punkte! Eine gute Halbzeit, wie zuletzt gegen Düsseldorf, reicht eben nicht aus. Wir müssen uns zusammenreißen und von der ersten bis zur letzten Minute alles raushauen, was wir haben. Heute haben wir die nächste Gelegenheit zu zeigen, dass wir das kapiert haben.
Ist Platz drei nun das Ziel?
Wir setzen uns kein konkretes Ziel, wir wollen einfach jedes Spiel gewinnen. Wenn es dann passiert, dass man aufsteigt, hat keiner was dagegen. Jeder Einzelne muss in den nächsten drei Monaten alles dafür tun. Das ist ne große Chance.
Was lernt man aus solchen Negativläufen wie jenen fünf sieglosen Ligaspielen im Herbst für den Rest der Rückrunde?
Mit jedem Spiel, das man nicht gewinnt, kommt der Kopf dazu. Dann kannst du nicht mal mehr nen Pass aus drei Metern spielen. Je länger so eine Serie andauert, desto schwerer wird es, da rauszukommen. Ein Rezept dafür gibt es nicht. Man redet ja zwischendurch miteinander und hinterfragt sich. Man versucht, die Stimmung hochzuhalten. Die Gefahr ist, dass man sich immer weiter runterzieht.
Was tun Sie als Kapitän in solchen Phasen?
Ich versuche, vorne wegzugehen. Ich probier trotzdem, positiv zu sein. Wir haben ja gegen Ende des Jahres die Kurve gekriegt. Das zeigt, dass die Moral im Team intakt ist.
Bei einem Freundschaftsspiel in Stockholm haben Union-Fans vor Kurzem den Platz gestürmt und randaliert. Es wird Stadionverbote geben. Wie haben Sie das als Spieler erlebt?
Es ist schlimm für die vielen friedlichen Fans, dass so etwas passiert. Wenn so viele Leute auf den Platz stürmen, kannst du auch nicht mehr auf sie einreden. Man kann froh sein, dass nicht noch mehr passiert ist.
Haben Sie sich geschämt?
Natürlich ist das nicht schön. Wir haben extra so ein Spiel organisiert, und dann gibt der Verein so ein Bild ab. Die Leute, die identifiziert werden können, werden ihre Strafe bekommen, und ich glaube, damit haben die Leute auch genug Plattform bekommen.
Kommen wir mal zu einer positiveren Fan-Geschichte. Sie haben ja seit Längerem ein eigenes Lied, das die Anhänger Ihnen gewidmet haben. Wissen Sie noch, wann Sie es das erste Mal gehört haben?
Das war in der ersten Zweitligasaison 2009/10. Erst habe ich gar nicht verstanden, was die da singen. Es ist was Geiles. Ich krieg immer noch jedes Mal ne Gänsehaut.
Sie werden in diesem Jahr 34 Jahre alt. Denken Sie über Ihr Karriereende nach?
Nein. Ich hoffe, dass ich noch zweieinhalb Jahre hier habe. Und ich werde ja sehen, ob ich dann noch geradeaus laufen kann und den Ball treffe. Solange ich meine Leistung bringe, will ich Fußball spielen.
Anfang des Jahres hat sich der Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger als schwul geoutet. Haben Sie im Team darüber gesprochen?
Logisch spricht man darüber. Es wird sicher auch einige aktive Spieler geben. Es wäre aber schwer, sich als aktiver Spieler zu outen. Innerhalb der Mannschaft gäbe es, glaube ich, nicht das Problem, aber ich könnte mir vorstellen, dass man von manchen Fans beschimpft wird. Wenn es doch einer macht, dann wäre ich gespannt, wie sich die Umgebung verhalten würde.
Blicken wir mal voraus: Heute könnte Union gegen den FSV Frankfurt wieder auf den Relegationsrang rücken. Könnte man mit einem Sieg auch die Aufstiegseuphorie ankurbeln?
Siege machen grundsätzlich euphorisch. Uns, die Fans und auch euch Medien. Erfolg macht immer Spaß.
Wie stehen die Chancen auf einen Sieg aus Ihrer Sicht?
Der FSV Frankfurt hat gegen Dresden nach einem Rückstand in Unterzahl noch gewonnen. Das ist stark und sollte uns eine Warnung sein. Trotzdem: Wir spielen im eigenen Stadion. Hier sind wir zu Hause und hier wollen wir unseren Fans den ersten Sieg in diesem Jahr schenken.
Noch mal zu Fabian Lustenberger. Gibt es Eigenschaften, die Sie gerne von ihm hätten?
Seine Haare. (grinst) Und seine Dynamik und seine Schnelligkeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!