Unicef zu Kinderarmut: Glücklicher in Thüringen
Die Unicef-Studie zeigt Differenzen bei der Kinderarmut innerhalb Deutschlands. In Mecklenburg-Vorpommern ist ein Viertel arm, noch schlimmer ist es in Bremen.
BERLIN taz | Kinder und Jugendliche haben es nicht überall in Deutschland gleich gut, ihr Wohlergehen variiert innerhalb der Bundesrepublik in starkem Maße. Diese Unterschiede sind manchmal größer als die zwischen einzelnen OECD-Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Kinderhilfswerks Unicef, die am Freitag veröffentlicht wurde. Laut der Studie leben in Deutschland 14 Prozent der Kinder in relativer Armut.
Nach dem Armutsmaßstab der EU bedeutet das, dass ihre Familien weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung haben. "14 Prozent sind deutlich zu viel. Außerdem verschwinden in dieser einheitlichen Messung die Differenzierungen zwischen einzelnen Regionen", gibt Rudi Tarneden, Sprecher von Unicef Deutschland, zu bedenken. Am Bundesdurchschnitt gemessen, lebt in Mecklenburg-Vorpommern mehr als ein Viertel der Kinder in relativer Armut, während es in Baden-Württemberg rund 9 Prozent sind.
Damit steht das Bundesland im Süden am besten dar, was das materielle Wohlergehen junger Menschen betrifft. Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sind die Schlusslichter. Insgesamt geht es Kindern im Westen materiell besser als im Osten - allerdings nur gemessen am Bundesdurchschnitt. Denn die relative Kinderarmut, so die Unicef-Studie, "wird in ostdeutschen Ländern eher überschätzt und in westdeutschen unterschätzt." So sei es für Eltern in den meisten Gegenden im Westen viel schwieriger, mit dem bundeseinheitlich errechneten Hartz-IV-Satz auszukommen, als im Osten.
Kinderarmut ist materiell nicht festzumachen
Der Grund ist, dass die Lebenshaltungskosten dort niedriger sind als im Westen. Misst man die Kinderarmut am durchschnittlichen Einkommen des jeweiligen Bundeslandes, nivelliert sich der Unterschied zwischen Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern. Dann liegen sogar Ost- und Westdeutschland gleichauf. "Doch Kinderarmut macht sich nicht allein an Materiellem fest", sagt Tarneden. Aus diesem Grund arbeitet die Studie mit vier weiteren Kategorien: Gesundheit und Sicherheit, Bildung, soziale Beziehungen und schließlich dem subjektiven Wohlbefinden.
Gerade dabei ergeben sich weitere interessante Einblicke: Denn die reichsten Kinder sind nicht unbedingt die zufriedensten. Beispielsweise rangiert Thüringen beim "subjektiven Wohlbefinden" der Kinder vor Baden-Württemberg, wo die wohlhabendsten Kinder leben. Zum "subjektiven Wohlbefinden" trage etwa ein gemeinsames Hobby mit dem Vater bei, heißt es in der Studie. Für diese Ergebnisse werteten Wissenschaftler im Auftrag von Unicef Daten wie den Mikrozensus 2008 und die Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes aus demselben Jahr aus.
Arbeit macht die Eltern selbstbewusst
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die Teilhabe der Eltern am Arbeitsleben entscheidend für das Wohlbefinden der Kinder sei. Denn damit steige nicht nur das Einkommen der Familie, sondern auch das Selbstbewusstsein der Eltern, was wiederum ein wichtiger Faktor in der Entwicklung der Sprösslinge ist. "Die Bildungspolitik muss also durch eine gezielte Arbeits- und Sozialpolitik ergänzt werden", fordert Tarneden.
"Es ist schwer hinnehmbar, dass je nach Grundlage der Berechnung 1 bis 1,7 Millionen Kinder in Deutschland in relativer Armut leben", sagt Tarneden.
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