Unharmonisches Team: Letzte Runde "Schmidt & Pocher"
Am Donnerstag läuft die letzte frische Standardausgabe von "Schmidt & Pocher" (23.00 Uhr, ARD). Und das, obwohl die beiden zuletzt näher zusammenrückten.
Harald Schmidt und Oliver Pocher haben etwas gemeinsam: Sie arbeiten nicht nur für, sondern auch über das Fernsehen. Die Sendereihe "Schmidt & Pocher", deren letzte neue Folge am Donnerstag ausgestrahlt wird, wird dennoch als Missverständnis in Erinnerung bleiben.
Denn Schmidt geht es auch um eine Entzauberung des Mediums, spätestens seit er als "Verstehen Sie Spaß?"-Moderator einmal eine halbe Minute lang ein Metronom laufen ließ und sagte: "Ist das nicht unglaublich? Jeder Schlag kostet die ARD gerade 15.000 Mark." Oliver Pocher dagegen gibt sich dem Fernsehen einfach hin, indem er dessen Inhalte nachspielt.
Strahlte RTL die Reihe "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" aus, füllte Pocher einen großen Teil der Show mit der Dauerparodie von Dschungelcamp-Präsentator Dirk Bach. Man kann zweifellos Intelligentes über das Dschungelcamp sagen. Pocher aber moderierte lediglich in einem wilden Anzug und imitierte Bachs Stimme - mehr kam nicht.
Dieses "zu wenig" ist die Regel: Weil Pocher gut beobachtet, war seine Parodie von Lukas Podolski genau zweimal witzig; beim dritten Mal hatte er nur noch Podolskis Klamotten an. Auch Pochers Idee, auf dem Höhepunkt der Stauffenberg-PR mit Augenklappe aufzutreten, war nicht schlecht. Jemand vom SWR-Rundfunkrat fand das natürlich "pietätlos und ehrabschneidend", was ein wirklich skandalös blöder Vorwurf ist. Das Problem war vielmehr, dass die Verkleidung bereits die Pointe war. Und das war so unterhaltsam wie ein Karnevalsumzug.
Schmidt und er hätten sich wohl nur ergänzen können, hätte Pocher als sekundäre Figur agiert, die einmal pro Sendung ihren großen Auftritt hat. Pocher als Materiallieferant, Schmidt als Verarbeiter, so etwa. Pochers Beitrag über seine Teilnahme am Fußballtraining mit Wolfsburgs Übungsleiter Felix Magath etwa war vergangene Woche jede Sekunde wert, die er dauerte - allerdings auch dank Magath.
Dass Pochers sporadische Brillanz ihn allerdings darauf bestehen lässt, selbst Primärereignis zu sein, ist das Dilemma der Show geworden. Blöd, dass Schmidt niemanden auf Augenhöhe behandelt, der das Dschungelcamp unter dem Strich wohl tatsächlich wichtig findet.
Pocher und Schmidt machten so lange Zeit verschiedene Sendungen auf einem gemeinsamen Sendeplatz, und es ist müßig, zu erörtern, ob Schmidt zu elitär oder Pocher zu pubertär für diese Konstellation war - sie war jedenfalls nicht harmonisch. Im Dezember verkündete Produzent Fred Kogel folgerichtig, dass das Format auslaufe.
Schmidt wolle "die Comedy-Latte im Superwahljahr wieder höher legen, in Richtung Anspruch und Intellekt". Man hätte eine weniger öffentlich-rechtliche Formulierung dafür finden können. Die Idee aber, sich eher Richtung Jon Stewart als Richtung Ingolf Lück zu orientieren, der in der letzten Sendung zu Gast ist, ist Schmidts beste seit langem.
Wenn nun also Schluss ist mit "Schmidt & Pocher" - nächste Woche zeigt Das Erste noch ein Best-of, am 16. 4. gibt es dann "Schmidt & Pocher - Das letzte Mahl" -, sollte man sich im Rückblick nicht davon täuschen lassen, dass gerade die jüngsten Ausgaben, nach der Ankündigung des nahen Endes, sich einigermaßen gekurzweilt wegrezipieren ließen.
Nachdem die Fronten erst einmal geklärt waren, verkniff sich Schmidt die Rolle des genervten Lehrers, in die er zuvor immer wieder geschlüpft war. Und Pocher, über dessen Weiterbeschäftigung bei der ARD noch verhandelt wird, ließ gelegentlich so etwas wie Selbstironie erkennen. Die beiden waren atmosphärisch zusammengerückt.
Zu spät. Nach der ersten Sendung hatte die taz geschrieben, Schmidt und Pocher verhielten sich wie "Klassenclowns aus zwei Parallelklassen", die zeigen wollten, wer witziger sei; die Show sei weder großartig noch unterirdisch, "sondern, wohlwollend ausgedrückt: unfertig". 15 Monate später lässt sich ergänzen: Fertig ist sie nicht geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen