Ungleichheit der Daten: EU will Netzneutralität aufweichen
Die EU will die Bevorzugung von Inhalten im Internet erlauben. Die herrschende Regelung würde der Netzneutralität widersprechen.
BERLIn afp | Die Europäische Kommission will Telekommunikationsfirmen einem Pressebericht zufolge erlauben, einzelne Inhalte im Internet gegen Bezahlung schneller oder in besserer Qualität zu transportieren. „Inhalteanbieter und Telekommunikationsprovider sind frei, miteinander Vereinbarungen zum Umgang mit Volumentarifen der Kunden und der Übertragung von Daten unterschiedlicher Qualitätsklassen zu schließen“, zitierte das Handelsblatt am Mittwoch aus einem entsprechenden Papier. Das widerspräche jedoch der Gleichbehandlung aller Internetinhalte, die Verfechter der Netzneutralität befürworten.
Nach Angaben der Zeitung befindet sich die Regelung zur Netzneutralität in einem neuen Entwurf der EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes, zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes. Netzneutralität wird darin demnach nur als Freiheit der Nutzer definiert, "Informationen und Inhalte zu erlangen und zu verbreiten, Anwendungen und Dienste ihrer Wahl zu nutzen".
Internetaktivisten, aber auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sehen darin jedoch die Pflicht für Internetanbieter, alle Inhalte gleich schnell zu transportieren. Das würde verhindern, dass kleine, innovative Firmen Nachteile gegenüber finanzkräftigen Internetkonzernen haben, die für einen bessere Qualität mehr zahlen.
Die Diskussion um Netzneutralität war zuletzt aufgeflammt, als die Telekom ankündigte, in Zukunft die Übertragungsgeschwindigkeit ihrer Internetanschlüsse drosseln zu wollen, wenn Nutzer zu viele Daten aus dem Internet laden. Davon nicht betroffen sein soll aber beispielsweise das Angebot der Telekom für Fernsehen übers Internet, das in jedem Fall ungedrosselt bleiben soll.
Rösler, der auch schon die Pläne der Telekom kritisiert hatte, sagte dem Handelsblatt zum Entwurf der Kommission: „Das, was wir gesehen haben, reicht uns in Bezug auf die Gewährleistung der Netzneutralität nicht aus.“ Er hält nach eigener Aussage an seinem Plan fest, die Netzneutralität per Verordnung sicherzustellen. Der Entwurf aus seinem Ministerium wird derzeit von den Verbänden geprüft. Der Hightech-Branchenverband Bitkom hatte die Vorlage als „massiven und kontraproduktiven Eingriff in den Wettbewerb“ kritisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen