: Ungleiche Brüder
FILM Das Unabhängige Filmfest in Osnabrück und das Filmfest Hamburg finden zur gleichen Zeit statt – in Konkurrenz treten sie nicht. Auch, weil die Stars in Hamburg eine große und in Osnabrück keine Rolle spielen
VON KATHARINA HECKENDORF
Wäre Hamburg im nächsten Jahr „Hauptstadt des Meeres“, wäre der rote Teppich auf dem Filmfestival wohl blau. Nun ist Hamburg aber „Umwelthauptstadt 2011“ und der Teppich ist grün. Beim Osnabrücker Filmfest dagegen gibt es gar keine Teppiche. Und es gibt auch nur 90 Filme, anstatt der 170 in Hamburg.
Der Eröffnungsfilm des 18. Hamburger Filmfestes „Serge Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte“ des Regisseurs Joann Sfar ist ein Film über den französischen Musiker und Lebemann Serge Gainsbourg (Éric Elmosnino), der Chansons wie „Je t’aime“ in Mikrofone und Frauenohren hauchte. Mit dem Klischee, dass Serge immer eine Zigarette im Mundwinkel und eine Frau im Bett hatte, spielt dieser Film.
In Osnabrück eröffnet „Suicide Club“, der Debütfilm des deutschen Regisseurs Olaf Saumer. Der Plot: Fünf Menschen treffen sich auf einem Hochhausdach, um sich gemeinsam in den Tod zu stürzen. So weit kommt es dann aber doch nicht: Die Lebensmüden finden das Gefühl für die Gemeinschaft und damit den Sinn ihres Daseins wieder.
„Wir haben einen Film ausgewählt, den die Menschen sich sonst eher nicht ansehen würden“, sagt der Osnabrücker Filmfestleiter Holger Tepe. „Die Filme sollen nicht für sich selbst stehen, sondern Anstoß zur Diskussion bieten.“
Die Stärken seines Festes sieht Albert Wiederspiel, der Leiter des Hamburger Filmfestes, auch darin, dass man für jeden Film einen Star habe, „der dem Besucher zum Anfassen nah ist“, sagt er. Prominente wie Iris Berben oder der schwedische Schriftsteller Hennig Mankell werden über den grünen Teppich schreiten.
Obwohl der Teppich und die Umwelt-Filmreihe „Drei Farben Grün“ in Hamburg mit Stadtmarketing zu tun haben – die Stadt gibt schließlich mehr als die Hälfte des Geldes –, gibt es einige gehaltvolle Öko-Dokumentationen. Zum Beispiel „Good Food Bad Food – Anleitung für eine bessere Landwirtschaft“ von Coline Serreau, „Cairo Garbage“ über Menschen in Kairo, die vom Müllverkauf leben oder „Shanghai Space“, ein Film über die Stadt Shanghai, die durch die fortschreitende Urbanisierung an ihre räumlichen Grenzen stößt.
Einige Besonderheiten bietet das Hamburger Rahmenprogramm: Die Veranstaltung „The Secret Ingredient of Danish Film“ dreht sich um die Frage, wieso dänische Filme, egal ob „Dogma 95“ oder „Dänische Delikatessen“, so erfolgreich sind. Filme aus den letzten 30 Jahren der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein werden im Kino 3001 ab 2. Oktober 24 Stunden lang gezeigt. Unter anderem mit Christoph Schlingensiefs „Terror 2000“ oder Detlef Bucks „Karniggels“. Der Marathon kostet mit Katerfrühstück 25 Euro.
Von Blitzlichtgewitter, Stars und Sternchen möchte sich der Leiter des Osnabrücker Festivals Holger Tepe abgrenzen: „Geschmack muss man haben, dann kann man auch mit bescheidenen Mitteln viel ausrichten“, sagt er, auch im Hinblick auf seinen Etat von 100.000 Euro. Das ist ein Zehntel des Budgets in Hamburg, wo allerdings auch mehr Filme über einen längeren Zeitraum laufen.
Und auch in Osnabrück setzt man auf neues: Das Abfahrkino. Menschen steigen in einen Bus, fahren an sechs verschiedene Orte in der Stadt „zu denen man sonst wohl nicht kommt und die einen gruseln“ und bekommen dort unheimliche Kurzfilme zu sehen. Hier betont Festival-Leiter Tepe aber: „Es geht um das feine Gruseln, Köpfe abschneiden kann jeder.“
Filmfest Hamburg: 30. September bis 9. Oktober Filmfest Osnabrück: 6. bis 10. Oktober