Ungerechte Vermögensverteilung: Der Schrumpf-Osten
Die Zahl der Spitzenverdiener im Osten Deutschlands stagniert seit dem Jahr 2000. Die Gesellschaft verarmt zunehmend. Vor allem im Osten ist kaum Besitz vorhanden.
BERLIN taz | Nirgendwo schrumpft die Mittelschicht so schnell wie in Ostdeutschland. Sie macht dort keine 60 Prozent mehr aus, wie die neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ausweist. Gleichzeitig müssen sich immer mehr Haushalte mit einem niedrigen Einkommen begnügen. Im Jahr 2000 gehörten 24 Prozent der Haushalte im Osten zu den Ärmeren, 2009 waren es schon fast 31 Prozent.
Der Aufstieg hingegen ist nur wenigen gelungen: Es gibt eher wenig Reiche im Osten. Nach der Wende stieg ihr Anteil zwar zunächst - und erreichte zur Jahrtausendwende 9 bis 10 Prozent. Im gesamtdeutschen Vergleich war dies aber eher mickrig.
Bundesweit wurden damals etwa 16 Prozent ausgemacht, die zu den Reichen zählten - und seither ist ihr Anteil auf etwa 18 Prozent gestiegen. Im Osten hingegen stagniert die Zahl der Spitzenverdiener seit 2000 bei rund 10 Prozent. Anders als im Westen können die Reichen im Osten auch ihren Abstand zur Mittelschicht nicht ausbauen.
Stattdessen nimmt ihr Einkommensvorsprung sogar ab. Selbst die Spitzenverdiener können sich also dem Trend in Ostdeutschland nicht ganz entziehen: Es ist eine Gesellschaft, die verarmt.
Einkommensverluste treffen Mittelschicht und Unterschicht besonders hart, weil sie meist über gar kein oder nur geringes Eigentum verfügen, mit dem sie Notzeiten überbrücken könnten. Vermögen ist in Deutschland sogar noch ungerechter verteilt als Einkommen. So besitzt das reichste Hundertstel in Deutschland bereits 23 Prozent des gesamten Vermögens. Das oberste Zehntel kontrolliert 61 Prozent.
Gleichzeitig kommen die unteren 70 Prozent noch nicht einmal auf 9 Prozent des Gesamtvermögens. Vor allem in Ostdeutschland ist kaum Besitz vorhanden, wie frühere DIW-Studien zeigen.
Allein zwischen 2002 und 2007 ist das Vermögen der Ostdeutschen inflationsbereinigt um 17 Prozent geschrumpft, denn vielerorts verfällt der Wert der Häuser oder mussten die Finanzreserven in Zeiten der Arbeitslosigkeit angezapft werden.
Die DIW-Forscher schließen nicht aus, dass es in der Mittelschicht zu einer "Statuspanik" kommen könnte, wenn immer mehr Normalverdiener erleben müssen, dass sie nach unten absteigen.
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