Unfall beim Skicross: Tod trotz Sicherheitsnetz
Beim Weltcup-Finale der Skicrossfahrer stürzt der Kanadier Nick Zoricic tödlich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Es ist bereits der zweite Todesfall in diesem Winter.
BERLIN taz/dpa | Der Tod kam beim letzten Sprung: Kurz vor dem Zieleinlauf landete der kanadische Skicross-Rennfahrer Nick Zoricic im schweizerischen Grindelwald nicht auf, sondern neben der Strecke – und prallte ungebremst auf ein Sicherheitsnetz. Zoricic durchbrach es, überschlug sich mehrfach und blieb leblos liegen.
Direkt an der Piste wurden Reanimationsversuche durchgeführt, doch es half nichts: In einem Krankenhaus in Interlaken erlag der 29-Jährige am Samstag seinen Verletzungen. Laut den Veranstaltern des Weltcuprennens muss von einem schweren Schädel-Hirn-Trauma ausgegangen werden.
Alle weiteren Läufe des Weltcup-Finalwettbewerbs wurden daraufhin abgesagt, am Sonntag fand eine Trauerfeier statt. Der in Sarajevo geborene und in Kanada aufgewachsene Zoricic fuhr seit rund drei Jahren Skicross-Weltcuprennen. Seine größten Erfolge waren zwei Podestplätze. 2011 schloss Zoricic den Gesamtweltcup auf dem 6. Platz ab, kann also als erfahrener Fahrer gelten. Zuvor hatte er sich eher erfolglos als Alpin-Slalomfahrer versucht.
Skicross ist eine recht junge Disziplin, 2010 in Vancouver war sie erstmals olympisch. Die Kurse sind im Vergleich zum alpinen Skisport weniger steil, weisen dafür aber viele Kurven, Wellen und mehrere Buckel auf, die wie Minischanzen funktionieren. Zudem fahren immer vier Sportler gleichzeitig um die beste Platzierung. Es kann also passieren, dass – wie bei dem tragischen Achtelfinallauf in Grindelwald – drei Skicrossfahrer beinahe parallel nebeneinander auf einem der Buckel abspringen. Entsprechend groß und breit muss der Auslaufbereich sein.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Man muss sich fragen, ob das in Grindelwald gegeben war – oder ob der Tod Nick Zoricics schlicht die Folge eines fatalen Fahrfehlers war. Das untersucht jetzt die Schweizer Staatsanwaltschaft. Ergebnisse können laut Christoph Egger, OK-Chef in Grindelwald, erst in einigen Wochen erwartet werden. Zu der Frage, ob ein Fahrfehler oder Streckenführungsfehler vorlag, mochte sich Egger gegenüber der taz nicht äußern.
Er verwies aber darauf, dass alle Weltcupfahrer bei mehreren Besichtigungs- und Einzeltrainingsterminen den Kurs vor dem Rennen begutachten können. Schon bei Änderungen am Streckenverlauf im Zentimeterbereich müsse es eine weitere Besichtigung geben.
Der Tod von Zoricic ist bereits der zweite Freestyle-Skisport-Unglücksfall in diesem Winter. Im Januar erlag die kanadische Halfpipe-Fahrerin und Exweltmeisterin Sarah Burke nach einem Trainingssturz in Park City ihren Kopfverletzungen.
Leser*innenkommentare
Claus Tiedemann
Gast
Es müsste "Tod WEGEN Sicherheitsnetz" heißen. Die Netze ragten weit in die potentielle Landezone hinein, um einen direkt neben der Landezone stehenden Container abzusichern.
Meines Erachtens stimmte auch schon die Grundausrichtung des Sprunges nicht. Zu sehen war, dass die Fahrer vom Sprung automatisch nach rechts, also in Richtung der tödlichen Fangnetze, getragen wurden.
Der Kanadier DelBosco fuhr gerade und mittig über den Sprung, landete aber nur drei Meter von den Netzen entfernt. Auf der anderen Seite waren geschätzt 10 Meter Platz zum Zielpylon + X Meter zu den Zäunen.
Der vor Zoricic fahrende Franzose Devouassoux fuhr gerade und etwa einen halben Meter von der Mitte versetzt über den Sprung und landete trotzdem neben der blauen Landezonenmarkierung. Er musste sogar noch leicht die Richtung korrigieren, um überhaupt schulterbreit am Zielpylon vorbei zu kommen, was ca. zwei Meter Abstand vom Fangzaun bedeutet.
Zoricic war am Absprung noch einmal einen halben Meter weiter innen und landete direkt im Fangzaun.
Ich halte das für keine gute Planung, wenn ein Meter Abweichung von der Optimallinie bei Höchstgeschwindigkeit einen unausweichbaren Unfall zur Folge hat.