piwik no script img

Unfairer Handel mit KaffeeBauern erhalten zu wenig Geld

Spekulanten und Konzerne machen hohe Gewinne mit dem Verarbeiten der Bohnen. Die Erzeuger dagegen können vom Anbau kaum leben.

Kaffee: Bauern können kaum von der Ernte leben, Konzerne machen große Gewinne Foto: dpa

Hamburg taz | Ein Pfund Arabica-Kaffee wurde Ende Sep­tember an der Londoner Börse für 0,92 US-Dollar gehandelt. „Ein elender Preis, von dem kein Kaffeebauer leben kann“, sagt Gerardo de León. Der 56-Jährige arbeitet für Fedecocagu, den größten Genossenschaftsverband Guatemalas.

Die Effekte des Klimawandels und die niedrigen Preise für Rohkaffee belasten die rund 25 Millionen Kaffeebauern weltweit. Junge Leute wollen immer seltener in ihre Fußstapfen treten, so Thomas Antkowiak, beim bischöflichen Hilfswerk Misereor für den Bereich Fairer Handel zuständig. „Wir müssen heute bereits von Kaffeeflüchtlingen sprechen“, sagt er. Der Kaffeeanbau garantiert kein existenzsicherndes Einkommen mehr. Der derzeitige Marsch der Migranten aus Honduras, Nicaragua und Guatemala durch Mexiko in Richtung USA ist auch eine Folge dieser Entwicklung.

„In Mittelamerika tickt eine soziale Bombe, die zu explodieren droht, weil von den Gewinnen im Kaffeehandel kaum etwas bei den Produzenten ankommt“, mahnt Gerardo de León. Derzeit kosten 50 Kilogramm Rohkaffee 122 US-Dollar. Verarbeitet, geröstet und gemahlen wird damit ein Umsatz von 13.000 US-Dollar erwirtschaftet.

Die Gewinner sind große Konzerne wie Nestlé, die Neumann Kaffeegruppe oder Jacobs Douwe Egberts. 75 Prozent des weltweiten Kaffeeumsatzes werden, so Gerardo de León, von den großen Konzernen zu Börsenpreisen abgewickelt. Jedes Mal, wenn einer der Großproduzenten, sei es Brasilien, Vietnam oder auch Kolumbien, positive Ernteprognosen in die Welt setzt, schlägt die Stunde der Spekulanten. Sie sind mitverantwortlich für einen ruinösen Wettbewerb zulasten der Produzenten.

Alternative Röstereien zahlen besser

Fedecocagu, mit rund 2.000 Kaffeebauern der größte Genossenschaftsverband Guatemalas, verkauft in aller Regel an Unternehmen wie das Fairhandelshaus Gepa und ähnliche Abnehmer. Sie zahlen 1,80 US-Dollar für Kaffee aus konventionellem Anbau, 1,90 US-Dollar pro Pfund aus organischem Anbau. „Damit kommen die Bauern über die Runden“, sagt Gerardo de León. Wünschenswert sei ein Preis von 2,50 US-Dollar pro Pfund.

Hier setzten alternative Röstereien aus den USA, Europa und auch Australien an. So zahlt die Hamburger Direktimport-Rösterei „quijotekaffee“ 2,90 US-Dollar pro Pfund Rohkaffee, wobei hohe Qualitätsstandards verlangt werden. Der Idee von mehr Transparenz beim Kauf folgen immer mehr alternative Direktimporteure und Kleinröster. „Wir hoffen, die Großen von Aldi bis Jacobs Douwe Egberts irgendwann unter Zugzwang zu setzen“, so Andres „Pingo“ Felsen von „quijotekaffee“. Das könnte die soziale Misere in den Kaffee produzierenden Ländern dämpfen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Börsengehandelter Kaffee ist außerdem stark pestizidbelastet und in der Regel in Schnellverfahren schlecht geröstet.



    Dadurch schmeckt er unangenehm und ist gesundheitsbeeinträchtigend.

  • 50 Kilogramm Rohkaffee führen zu einem Umsatz von 13.000 $?



    13.000 $ / 50 kg = 260 $ / kg



    Im Supermarkt kostet ein konventionell gehandelter Kaffee der großen Marken eher 8-12 $ / kg, was dann einem Umsatz von 400-600 $ entspräche.

    • @thebassista:

      Wenn man ganz knapp mit 100 Bechern pro kilo gekochten Kaffee zu 1,3€ rechnet, geht's genau auf ;)