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Undichte Ölbohranlage in NiedersachsenSchadensgröße ungewiss

Noch immer ist unklar, wie stark die Umwelt in Emlichheim belastet ist. Jahrelang war giftiges Wasser aus einer Ölbohranlage ausgetreten.

Wie viel Gift kam ins Grundwasser? Bohrkern einer Erkundungsbohrung in Emlichheim Foto: dpa

Göttingen taz | Die größte Sorge von AnwohnerInnen und UmweltschützerInnen in Emlichheim gilt derzeit dem Trinkwasser. Und zwar wegen des giftigen Lagerstättenwassers, das im niedersächsischen Kreis Grafschaft Bent­heim ausgetreten ist und bei Ölbohrungen entstanden war. Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Trinkwassers gebe es bislang nicht, sagte Heinke Traeger, Sprecherin des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), nun am Montag der taz.

Zuvor ging es im Kreishaus in Nordhorn um genau jene Fragen: Wie groß ist der Schaden, der durch das Auslaufen von Lagerstättenwasser entstanden ist, tatsächlich? Wie und wann startet die Sanierung? Beteiligt an dem Treffen waren Vertreter des LBEG, des Landkreises, der Samtgemeinde Emlichheim sowie des Erdölproduzenten Wintershall Dea, der in der Region seit Jahrzehnten Erdöl fördert.

„Das Schadensausmaß steht immer noch nicht fest“, sagte LBEG-Sprecherin Traeger. Zumindest habe eine gegenwärtig ins Erdreich getriebene Kontrollbohrung bis zu einer Tiefe von 99 Metern keine gesundheitsgefährdenden Kohlenwasserstoffe im Grundwasser aufspüren können. Die Bohrung soll zu einer Grundwassermessstelle ausgebaut werden, später könnte sie auch zur Sanierung des Schadens genutzt werden.

„Wir haben den Betreiber aufgefordert, das Monitoring von oberflächennahem Grundwasser zu intensivieren“, betonte Traeger. Wintershall Dea habe zugesagt, bis Ende August ein Konzept dafür vorzulegen. Einen Monat später, also bis Ende September, will der Konzern zudem den Entwurf eines Sanierungsplans präsentieren.

Umweltschützer befürchten Schaden von historischem Ausmaß

Ende Juli war bekannt geworden, dass aus der Einpressbohrung Em 132 in der Gemarkung Emlichheim zwischen 2014 und 2018 unter der Erde etwa 140.000 bis 220.000 Kubikmeter sogenanntes Lagerstättenwasser ausgetreten sind. Lagerstättenwasser ist ein natürlicher Bestandteil in Erdgas- und Erdöllagerstätten. Es besteht aus Wasser, gelösten Salzen und Kohlenwasserstoffen, kann aber auch Schwermetalle oder radioaktive Stoffe enthalten. Die genaue Zusammensetzung hängt von der jeweiligen Lagerstätte ab. Bei den Bohrungen wird das Lagerstättenwasser mit Erdgas oder Erdöl automatisch an die Oberfläche gefördert. Erst dort wird es dann wieder vom Rohstoff getrennt.

Giftiges Wasser wird zurückgepresst

In Niedersachsen wird das Lagerstättenwasser mittels Pressbohrungen wieder zurück in die Lagerstätte gedrückt. Dieses Verfahren darf laut LBEG aber nur angewendet werden, wenn das Lagerstättenwasser aus diesem Kreislauf nicht entweichen kann – in Emlichheim ist das aber geschehen. In Niedersachsen gibt es insgesamt 220 solcher Press- oder Einpressbohrungen, im Erdölfeld Emlichheim sind es sechs.

Die Bohrung Em 132 besteht aus zwei Stahlrohren: einem Innenrohr, durch das Lagerstättenwasser eingepresst wird, und einem Außenrohr zur Abdichtung der Bohrung. Beide Rohre sind korrodiert. Das wurde laut Wintershall Dea zunächst bei einer routinemäßigen Wartung festgestellt und dann bei weiteren Untersuchungen. „Auffälligkeiten“ gab es demnach auch bei der Bohrung Em 51. Auch dort sind Rohre korrodiert. Drucktests hätten bislang jedoch keine Hinweise auf den Austritt von Lagerstättenwasser gezeigt, teilte die Samtgemeinde Emlichheim mit.

Wintershall Dea gab die Schadenstiefe bei Em 51 mit mehr als 500 Metern an. Deshalb und wegen der Tatsache, dass sich mehrere Hundert Meter dichtes Gestein darüber befänden, sei von einer Gefährdung für das Oberflächen- und Grundwasser sowie Menschen und Umwelt nicht auszugehen. Beide Bohrungen sind zurzeit außer Betrieb. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei das Lagerstättenwasser in einer Tiefe von 150 Metern ausgetreten, berichtete das LBEG.

Ministeriumsbericht deutet auf großen Schaden hin

Umweltverbände und Grüne haben sich nicht zuversichtlich gezeigt, was mögliche Gefahren betrifft. Die Grünen-Landtagsfraktion sprach gar vom möglicherweise größten Schaden in der Geschichte der niedersächsischen Ölförderung. Sie berief sich dabei auf Angaben aus dem Landeswirtschaftsministerium. In dem Ministeriumsbericht hieß es, dass in dem von der Leckage „vermutlich betroffenen oberen Tiefenbereich“ der Wert für das krebserregende Benzol um den Faktor 423 überschritten wurde. Die Werte für die ebenfalls als gesundheitsschädlich eingestuften Elemente Barium und Bor lagen jeweils um nahezu den Faktor 300 über der Geringfügigkeitsschwelle. Für andere Kohlenwasserstoffe gab das Ministerium die Faktoren 35 beziehungsweise 22 an.

Dem Naturschutzbund (Nabu) ist ein Fall ähnlichen Ausmaßes auch bundesweit nicht bekannt. Er fordert eine vollständige Sanierung des betroffenen Gebietes durch den Betreiber. Dieser müsse darüber hinaus für etwaige Folgeschäden haften.

Inzwischen prüfen auch die Staatsanwaltschaft Osnabrück und die Polizei Lingen, ob möglicherweise ein Umweltvergehen vorliegt. Eine entsprechende Anzeige stammt nach Angaben der Ermittlungsbehörde von Wintershall Dea selbst.

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1 Kommentar

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  • Ein bisschen Schwund ist immer - das weiß doch auch die Genehmigungsbehörde für solche Bohrungen genau. Selbstanzeigen führen so gut wie immer zur Einstellung der Verfahren, ist also im Schadensfall das bequemste Mittel der Wahl. 500m klingt nach einer sicheren Tiefe, ist aber je nach Beschaffenheit des Bodens für Wasser (und andere Flüssigkeiten) tatsächlich kein unüberwindbarer Weg. Auch prinzipiell wasserundurchlässige Böden weisen Risse, Spalten, Verwerfungen und Hohlräume auf, durch die Wasser und andere Flüssigkeiten sich immer irgendwie einen Weg bahnen können. Man denke nur einmal zurück an diverse Leckagen in vorgeblich völlig sicher abgeschlossenen unterirdischen Treibstofflagern.

    www.janssen-kucz.d...gen-beim-betr.html