piwik no script img

■ Filmstarts à la carteUnd Anton greift zum Vorschlaghammer

Eine lesbische Antwort auf Kenneth Angers Firework will, vierzig Jahre nach dem Fakt, Bev Zalcock geben, denn Glanzlederhosen und blitzenden Chrom gibt es auch auf der anderen Seite. Anette Kennerly stellt wiederum mit Sex, Lies, Religion ein Gruftie- oder Tom-Sawyer-Szenario vor, in welchem sich drei Lesben auf einem Friedhof ein mehr oder weniger friedliches Stelldichein geben. Es geht um Macht.

Anschließend an eine Diskussion, die wir schon immer gerne führen wollten, aber uns nie so richtig zu fragen trauten, und zwar geht es um lesbische Gewalt-Ver- Herr-lichung in sogenannten Intimbeziehungen und die daran unmittelbar anknüpfende Frage, ob das „positive Selbstbild“ von Lesben über Lesben ein zu enges Korsett geworden ist, ein Eigentor, eine Selbstzensur. Dann, ebenfalls recht typisch für eine gewisse amerikanische Debatte, erscheint am selben Abend ein Porträt zweier Epileptikerinnen, die miteinander in Spanien leben. Und zwar auf Super-8.

Mit ein bißchen Blödsinn ist offenbar auch zu rechnen: Delidah wird angekündigt als „erforscht Formen lesbischer Macht und Verletzlichkeit, Ausdrucksformen der Gewalt und des Zurücknehmens, mittels ritualisierter Bewegungen.“ Und: „Du bewegst dich wie ein Krieger, aber ich kann dich nicht halten.“ (Hihi!)

Als sei eine Zeichnung von Grosz zum Leben erwacht, und habe sich direkt anschließend entschlossen, des Nachts an dein Fenster zu klopfen, so ungefähr wirkt Dalton Trumbos Jonny Got His Gun. Ein junger Soldat, der ein bißchen Polanskis Mieter gleicht, wird im Ersten Weltkrieg, in den er mit viel Verve und guten Mutes gezogen ist, von einer Granate zerfetzt und anschließend so lange operiert, daß er nur noch als Torso vor sich hinvegetiert, der um seine Erlösung bittet. Trumbos Roman erschien vor dem Zweiten Weltkrieg, und diese Verfilmung aus dem Jahre 1971 ist ein Versuch, die inzwischen angehäuften Schrecken zu verarbeiten, allerdings mit Lubitsch- Touch.

Film Noir, meine Damen und Herren, ist schon deshalb nicht totzukriegen, weil der Straßen- Appeal geblieben ist; die Sache mit den regennaßen Straßen, den Schatten hinter der Milchglastür und natürlich dem Scotch im Schreibtisch ergeben im Verein mit der systematischen Desorientierung genau die sensuelle Mixtur, die man sich für die Zeit vor dem Geschlechterkrieg wünscht. Wer also noch Lust auf diese Front hat, kann mit Kiss Me Deadly eines der hartgekochtesten Eier des Genres erwischen. Mann findet Frau auf Landstraße, Frau stirbt, Mann forscht nach und gerät in unentwirrbare Turbulenzen. Aus der Firma Aldrich.

Nachdem man uns nun schon mit zwei Pfideokasetten terrorisiert hat, und wir uns aber nach wie vor aufgrund der Inhaltsangabe weigern, Veit Helmers Der Fensterputzer anzusehen, hier wenigstens der Inhalt: Fensterputzer Anton, schüchtern, steht auf dem Fernsehturm und putzt, während eine gewisse Kellnerin sich umzieht. Wie sie so schäkern, kommt der Chef. Und Anton greift zum Vorschlaghammer.

Wir sind außerdem herzlich gebeten worden, zu vermelden, daß die Ausbildungsstätte für Film- und Fernsehmitarbeiter in Sachen „Kamera-Assistenz“ eine Filmvorführung mit den Arbeiten ihrer Schützlinge macht, und das sei hiermit geschehen. Gezeigt werden die Ergebnisse zur „freien Filmübung“ Feature, also 16 Kurzfilme von jeweils sieben Minuten Länge. Man soll sich auf eine „interessante jugendliche Weltsicht“ einstellen. mn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen