Unbeliebte Elektroautos: China zieht den Stecker
Eigentlich wollte Chinas Führung dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen. Eine halbe Million davon sollte bis 2015 in China fahren. Doch daraus wird vorerst nichts.
PEKING taz | Die Logik ist eine einfache: Chinesische Autobauer können weder im Luxussegment noch bei den Mittelklassewagen mit der japanischen, deutschen oder US-amerikanischen Konkurrenz mithalten. Warum nicht eine neue Sparte besetzen und darin die Nummer eins werden?
Darum hat Chinas Regierung in den vergangenen Jahren keine Kosten und Mühen gescheut, dem rein batteriebetriebenem Elektroauto zum Durchbruch zu verhelfen. Nicht nur die heimischen Autobauer hat sie mit finanzieller Förderung dazu gebracht, auf die neue Technologie zu setzen.
Auch die ausländischen Autofirmen wurden angehalten, entsprechende Modelle zu entwickeln. Chinas Premierminister Wen Jiabao persönlich gab die Zielmarke aus, dass bis 2015 eine halbe Million Elektroautos auf Chinas Straßen fahren sollen; 2020 sollen es sogar fünf Millionen sein.
Doch dieses ehrgeizige Ziel werden die Chinesen kaum mehr einhalten. Wie aus einer McKinsey-Studie hervorgeht, wurden in der Volksrepublik seit 2009 gerade einmal 6.700 Elektroautos verkauft. „Das steht in keinem Verhältnis zum Ziel“, schreiben die Autoren.
Nicht vor dem Jahr 2020 wettbewerbsfähig
Über erste Anfänge sei der chinesische Elektroautomarkt nicht hinausgekommen, resümiert Axel Krieger, Leiter der Studie. Trotz staatlicher Förderung seien Elektroautos noch immer rund 150 Prozent teurer als Benzinfahrzeuge. Er rechne damit, dass Batteriefahrzeuge erst 2020 wirtschaftlich wettbewerbsfähig werden.
Hauptproblem bleibt die geringe Reichweite: Obwohl chinesische Autofirmen wie BYD in der Entwicklung von Hochleistungsbatterien führend sind, ist es auch ihnen bislang nicht gelungen, Akkus anzufertigen, die mehr als 160 Kilometer ohne Aufladen durchhalten. Das finden auch chinesische Autofahrer nicht attraktiv.
Ein weiteres Problem ist hausgemacht: Hatte die Regierung noch 2010 gefordert, dass sich die chinesischen Autobauer auf einen Standard bei den Steckdosen einigen, ist bislang wenig geschehen. Ein Rundgang Ende April auf der Pekinger Automesse zeigt: Sie nutzen alle unterschiedliche Stecker. Da ist die europäische Konkurrenz sehr viel weiter. Deswegen geht es auch beim Ausbau der Infrastruktur nur schleppend voran: 130.000 Ladestationen sollten landesweit im Jahr entstehen, 2011 waren es gerade einmal 16.000.
Ernüchterung auch bei Daimler
Auch wenn die chinesische Regierung am Elektroauto festhält – Premierminister Wen räumt ein, dass man „nicht mehr sicher“ sei, dass das eigentliche Ziel erreicht wird. Und auch bei den deutschen Autobauern herrscht Ernüchterung. Daimler etwa arbeitet seit 2010 gemeinsam mit BYD am Denza, einem speziell auf chinesische Kunden zugeschnittenen E-Auto.
Es soll im zweiten Halbjahr 2013 in Produktion gehen. Doch im Unternehmen wachsen Zweifel, ob das zu schaffen ist. Bei der Präsentation auf der Automesse gab Daimler-Chef Dieter Zetsche zu: „Das ist ein Marathonlauf, und Hartnäckigkeit ist gefragt.“
Und doch war die chinesische Industriepolitik nicht umsonst. Beliebt sind Plug-in-Hybridmodelle, in denen ein Verbrennungsmotor elektrische Energie zur Batterieaufladung erzeugt, was die Kosten für die Batterie senkt und die Reichweite erheblich erhöht.
Möglicherweise unterstützt durch staatliche Regulierung, glaubt Christian Malorny von McKinsey daher, werde sich schon ab 2014 in China ein entsprechender Markt entwickeln – wenn auch nur als Übergangstechnologie zum rein elektrischen Fahren.
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