piwik no script img

Unausrottbare Sentimentalitäten

■ Mit simpler und altbekannter Musik erfreuten die Dubliners am Mittwochabend die einfachen und einfach begeisterten Gemüter in der Glocke: Heimspiel mit Gejohle

Unprätentiös betraten die fünf Musiker die Bühne, die als die Versinnbildlichung des in deutschen Köpfen befindlichen Klischees vom „Irish Folk“ gelten können. Sie haben kein großes Tam-Tam nötig, sie wissen um ihren Ruf, und das Publikum ließ sie das sofort spüren.

Bei den Dubliners weiß man nach 26 Jahren nicht mehr, ob sie ihren Schrammelfolk deshalb spielen, weil die Leute dazu klatschen können, oder ob die Leute klatschen, weil die Dubliners Schrammelfolk spielen. Wen die Fans einmal in ihr Herz geschlossen haben, der hat einen Freifahrtschein, genießt in seinem musikalischen Schaffen Narrenfreiheit. Und warum sich anstrengen und Anspruchsvolles spielen, wenn es doch mit simplen Rhythmen und einem Drei-Akkord-Chorus genauso geht?

Man kann den Dubliners sicher eines nicht vorwerfen: daß sie sich an den Publikumsgeschmack anpassen, schnöden Kommerz

zwängen den Vorzug gegeben hätten. So wie sie heute sind, waren sie schon immer. Nur mit der realen Tradition der irischen Musik hat das ungefähr soviel zu tun wie Maria Hellweg mit deutscher Volksmusik; es gibt in Irland keine ernstzunehmende Gruppe, in der mehr Gitarren als Melodieinstrumente zu hören sind. Und trotz der paar eingestreuten Alibi-Tänze: die Dubliners sind eine Ballad -Group, die sich einen kleinen Teil des traditionellen irischen Repertoires herausgepickt und damit - neben Guinness und Whiskey - den wichtigsten und erfolgreichsten irischen Exportartikel kreiert hat. Und Whiskey und Guinness helfen ihnen wohl auch, seit Jahren das ewiggleiche Programm runterzuspulen, ohne dabei schizophren zu werden.

So spielen sie sich also durch ihre Rauf-und Saufballaden, mischen den einen oder anderen Schmachtfetzen darunter, und das Publikum dankt es ihnen mit emphatischen Reaktionen: Ob

„The Mountain Dew“ oder „Wild Rover“ oder „The Old Triangle“ - man freut sich über jede wiedererkannte Liedzeile. Das sehr gemischte Glocken-Publikum scheint sich in einem Punkt einig: hier kann man mal so richtig die Sau rauslassen auch wenn's seinen Preis hat.

JüS

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen