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Unabhängigkeit von RusslandBaltikum kappt Leitungen

Nach 15 Jahren Vorbereitung haben sich Estland, Lettland und Litauen an Europas Stromnetz angeschlossen. Die Leitungen zu Russland sind abgebaut.

Lettlands Präsident Edgars Rinkevics gibt eine Erklärung im Präsidentenpalast ab Foto: Mindaugas Kulbis/ picture alliance/dpa/AP |

Tallinn taz | Die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland sind seit Sonntag um 14.05 Uhr Ortszeit an das europäische Stromnetz angeschlossen. Eine der letzten Verbindungen nach Russland und Belarus haben sie gekappt. Für einen reibungslosen Übergang hatten die Übertragungsnetzbetreiber im Vorfeld mögliche Szenarien durchgespielt und Aktionspläne entworfen. Laut dem Leiter des Projekts beim estnischen Betreiber Elering, Hannes Kont, ist die Stromversorgung am Samstag um neun Uhr morgens nach Abkopplung zunächst in einen isolierten Übergangsmodus geschaltet worden. Am Sonntagnachmittag erfolgte dann die Ankopplung über Polen an das europäische Netz.

Bisher waren die drei baltischen Länder über das Brell-System an Russland sowie Belarus angebunden, einem Relikt aus Sowjetzeiten. Die Abkopplung hat für Yoko Alender, die Klimaministerin Estlands, vor allem eine politische Dimension: „Wir haben diesen Vorgang über 15 Jahre vorbereitet. Es ist der letzte Integrationsschritt in die EU und ermöglicht uns den Schutz unserer kritischen Infrastruktur.“

Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine importieren die drei EU- und Nato-Mitgliedstaaten keinen Strom und kein Gas mehr aus Russland. Die endgültige Lösung von dem Stromnetzverbund Brell bedeutet für Alender, die Kontrolle zurückzugewinnen: „Die Stromversorgung muss in vertrauenswürdiger Hand liegen. Strom sollte nur zwischen Partnern fließen, die sich hundertprozentig vertrauen. Die Abkopplung schützt uns vor möglichen Sabotageakten und Angriffen.“

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 1,6 Milliarden Euro und wurden zu drei Vierteln von der EU finanziert. Die Umstellung verlief reibungslos ohne Stromausfälle, Netzfrequenz und Stromübertragung blieben stabil. Damit hat das Baltikum auch geopolitisch an Stabilität gewonnen. „Wir haben in der Vergangenheit gesehen, wie Russland die Energieversorgung als politisches Instrument missbraucht hat. Das ist nun nicht mehr möglich“, resümiert Otto Tabuns, Direktor der Baltic Security Foundation. Die Stromleitungen nach Russland und Belarus werden nun abgebaut.

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2 Kommentare

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  • Wer braucht Energieautonomie, wenn man Moraltheater spielen kann? Beispielhaft sei Litauens AKW Ignalina erwähnt. Dieses wurde 2009 auf EU-Druck abgeschaltet – angeblich „unsicher“, doch es funktionierte Bedingung für Litauens EU-Beitritt.

    Ergebnis: Stromlücken, gefüllt mit russischem Gas; mehr Einflussmöglichkeiten für Putin.

    Heute feiert das Baltikum seine „Befreiung“ von Russland: Pipelines gekappt, LNG importiert – doch das Gas kommt weiterhin auch via Kasachstan und anderen Drittländern … aus Russland. Man zahlt mehr für dieselbe Ware und nennt es „Sanktionen“. Moskau lacht,.

    Sanktionen? Wichtig! Doch ob Gas via Dubai oder Riga fließt – Rubel landen in Moskau. Litauens Haushalte zahlen für Scheinunabhängigkeit, während Brüssel stolz auf „Prinzipien“ pocht, die nur die Reichen schmerzen.

    Fazit: Europa opfert Pragmatismus für Symbolik. Ignalina wurde geopfert, um „sicher“ zu sein; heute wird Geld verbrannt, um „stolz“ zu sein. Doch warm macht das nicht.

    www.deutschlandfun...muss-sich-100.html

  • Gestern das und heute werden russische Leitungen beschädigt. hihihihih.