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Unabhängige kubanische News-WebsiteDer blockierte Traum

14ymedio, das neue Projekt von Yoani Sánchez, will kritischen Journalismus bieten. Doch auf Kuba könnte die Seite weitgehend unbekannt bleiben.

Hat was Neues am Start: Yoani Sánchez. Bild: reuters

Ein dezentes Orange dominiert die erste Seite von "14ymedio“, der ersten unabhängigen digitalen Zeitung Kubas. Das erinnert ein wenig an die Konkurrenz von “Cuba Encuentro“ aus Madrid. Der Unterschied ist jedoch, dass „14ymedio“ in Kuba produziert wird und am Mittwoch als erste unabhängige Internetzeitung des Landes online ging–.

„14ymedio“ soll die „komplette Spannbreite von Nachrichten, Meinungskolumnen und Fakten über die Realität unserer Insel abdecken“, kündigte Yoani Sánchez vorab an. „Es wird ein Medium, von dem wir hoffen, den in unserem Land notwendigen Wandel zu unterstützen“. Ein engagiertes Projekt, das ein Gegengewicht zu den staatlich kontrollierten Medien wie der Parteizeitung „Granma“ bilden soll. In Warschau sowie im kolumbianischen Cartagena de Indias hatte Yoani Sánchez das Projekt vorgestellt, um es international bekannt zu machen.

Beim Debüt lässt die Seite den im Gefängnis sitzenden kritischen Poet Ángel Santiesteban zu Wort kommen, bietet eine Reportage über die Zunahme von Gewalt in der Straßen von Havanna und nimmt die Reformen von Raúl Castro kritisch unter die Lupe.

Solidarität mit dem Projekt haben zahlreiche Promiente wie Perus Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa oder der polnische Friedens-Nobelpreisträger Lech Walesa geäußert und an die kubanische Regierung appelliert, nicht gegen die neue Zeitung vorzugehen. Die Stiftung von Lech Walesa soll auch zu den Geldgebern des Projekts gehören, welches zudem über gute Kontakte in die kubanische Exilgemeinde verfügen soll.

Produziert wird die Web-Seite in der Privatwohnung von Yoani Sánchez im 14. Stock eines Hochhauses in Havannas Stadtteil Nuevo Vedado. Alle zwei bis drei Tage soll eine neue Ausgabe erscheinen, wofür das zwölfköpfige Redaktionsteam verantwortlich ist. Dem gehören neben Yoani Sánchez und ihrem Mann Reinaldo Escobar, ein erfahrener unabhängiger Journalist, mit Regina Coyula und Miriam Celaya relativ bekannte kubanische Blogger an. Coyula ist auch für den neuen BBC-Blog „Voces Cubanas“ im Einsatz, Celaya hingegen für das exilkubanische Nachrichtenportal "Cubanet“.

Umleitung auf Sánchez-kritische Webseite

Auf der Insel wird es ohnehin schwer sein, das Online-Medium zu lesen. Nur wenige Stunden nachdem es online ging, wurden die von Kuba aus auf die Seite zugreifenden Besucher umgeleitet –auf //www.yoanislandia.com/:"Yoani$landia“. Die Sánchez-kritische Webseite informiert über deren Beziehungen in die kubanische Exilgemeinde und über die Kritik ihres italienischen Übersetzers Gordiano Lupi. Der warf ihr Anfang Mai Geldgier vor und auch in der kubanischen Exilgemeinde ist die 38-jährige Philologin nicht überall gern gesehen.

Arroganz wird ihr vorgeworfen und eine erste Reaktion der im Schweizer Exil lebenden unabhängigen Journalistin Tania Quintero auf „14ymedio“ ist wenig positiv. Nichts anderes als „Cuba Encuentro“ und „Diario de Cuba“ die beiden Nachrichtenportale über die Insel, biete die Web-Zeitung.

An vielen Kubanern geht das Erscheinen der neuen Web-Zeitung jedoch weitgehend vorbei – selbst wenn die Umleitung wieder aufgehoben würde. Denn viele Kubaner haben kaum Geld für den Gang ins Internet-Café übrig, wie Iván García, ein unabhängiger Journalist aus Havanna, berichtet. In einem Internet-Café im Zentrum der Hauptstadt hätte am Mittwoch business as usual geherrscht, 14ymedio“ war kein Thema und folglich auch nicht seine Inhalte.

So könnte das ehrgeizige Projekt das gleiche Schicksal wie der Blog von Yoani Sánchez erleiden: im Ausland viel besprochen, auf der Insel weitgehend unbekannt. Dem widersprach Yoani Sánchez via Twitter. „Nichts sei Reizvoller als das Verbotene“, schrieb sie.

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1 Kommentar

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  • Mal ehrlich: Was will diese Frau eigentlich? Sie beschwert sich über die finstere Diktatur in Kuba - und doch kann sie über ihren Blog problemlos ihre Hetze gegen den Staat vom Stapel lassen, kann sie problemlos durch die Welt touren, für ihre Tiraden gewaltige Honorare einstreichen und sich bei dieser Gelegenheit auch noch mit zahlreichen rechten (in Europa) bis ultrarechten Politikern (in Lateinamerika) ablichten lassen. Ob sie merkt, dass sie mit ihrer eigenen Propaganda den Inhalt derselben vollends konterkariert?