Umweltschützer kritisieren BP-Boykott: "Treibstoffe sind nie sauber"
Soll man wegen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko BP boykottieren? Während viele User im Netz dazu aufrufen, halten sich die großen Umweltverbände auffällig zurück
Im Netz scheint die Sache klar: Über 613.000 Fans unterstützen im sozialen Netzwerk Facebook die Gruppe "Boycott BP". Angesichts der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko solle man seinen Tank lieber woanders füllen als an Tankstellen des britischen Konzerns. In Deutschland vertreten auch die Grünen diese Forderung. "Man sollte als Kunde Konsequenzen ziehen", hatte der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, im taz-Interview gesagt. Doch so nahe ein Boykott-Aufruf auch liegen mag, die Frage ist umstritten. Die großen Umweltverbände halten sich auffällig zurück.
"Dieser Katastrophenfall geht auf einen Unfall zurück. Man kann nicht gegen die Ursache dieses Unfalls boykottieren", sagt Britta König vom Internationalen WWF-Zentrum für Meeresschutz. Ändern könne man nur, "dass wir so viel Erdöl verbrauchen". Schließlich führe nicht nur BP gefährliche Tiefseebohrungen durch. "Wir müssen stattdessen eine größere Wende vollziehen", so König.
Ähnlich argumentiert Greenpeace. "Jedes Unternehmen, das Öl fördert, jede Regierung, die entsprechende Genehmigungen erteilt, nimmt umweltzerstörende Begleiterscheinungen bewusst in Kauf", heißt es in einer Erklärung. Es gebe keinen sauberen Treibstoff.
Boykott-Anhänger verweisen hingegen gerne auf das Beispiel Brent Spar. Ein Boykott von Shell-Tankstellen vor 15 Jahren ließ die Umsätze derart stark einbrechen, dass sich Shell schließlich gegen die geplante Versenkung der Ölplattform in der Nordsee entschied.
In den USA wird vor allem diskutiert, ob man mit einem Boykott nicht die Falschen treffen würde. "Letztlich sind kleine, lokale Tankstellenbetreiber und deren Familien diejenigen, die bestraft würden, nicht unbedingt BP", zitiert die englische Zeitung The Independent den Vorsitzenden einer Vereinigung von BP-Tankstellenbetreibern, John Kleine.
In Deutschland zeigen nach BP-Angaben die Aufrufe zumindest keinerlei Wirkung. "Der Unfall im Golf von Mexiko hat keine Auswirkungen auf die Kraftstoffabsätze an den Aral-Tankstellen", sagte ein Sprecher der taz.
Derweil kündigte US-Präsident Barack Obama während seines vierten Besuchs in der Katastrophenregion an, er werde BP-Vertreter bei einem Treffen am Mittwoch dazu drängen, Schadenersatzansprüche angemessen, gerecht und rasch zu behandeln. Es ist das erste Treffen Obamas mit BP-Managern seit Beginn des Öldesasters. Seine eigene Hilflosigkeit versuchte der Präsident mit wohlklingenden Ankündigungen zu überspielen: "Ich bin überzeugt, dass wir die Golfküste in einem besseren Zustand hinterlassen werden als vorher." Die Regierung setze jedes verfügbare Mittel ein, die Schäden zu verringern und zu beseitigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku