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Umweltranking der FahrzeugindustrieDas Drei-Kilo-Erdgas-Auto

Das Drei-Liter-Auto ist tot. Es lebe das Drei-Kilo-Auto. Der Autoclub VCD ist begeistert von VWs erdgasbetriebenem Eco Up – dem einzigen Lichtblick aus Deutschland.

Stolz wie Bolle: der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn. Bild: dpa

BERLIN taz | Im Ranking der umweltfreundlichsten Autos hebt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) den VW Eco Up ganz nach oben auf's Podest. In der am Donnerstag veröffentlichten Liste rangiert die Erdgas-Variante des Kleinwagens vor den Vorjahressiegern aus Japan: dem elegant-sportlichen Lexus CT200h und dem hollywoodtauglichen Toyota Prius Hybrid.

Seit neun Jahren liegt erstmals wieder ein deutsches Auto vorn, zum ersten Mal überhaupt eines mit Erdgas-Antrieb. Das VCD-Ranking bewertet die Belastung der Natur, vor allem durch den Klimawandel, und die des Menschen durch Lärm und Schadstoffe.

Was den VCD besonders freut: Der Eco Up, der ab Herbst für rund 12.000 Euro verkauft wird, soll von VW auch ordentlich beworben werden. Damit könnte einem Öko-Auto, anders als dem schickne Vorjahreschampion der Mini-Marke Lexus, erstmals der Sprung in den Massenmarkt gelingen.

Die historisch hohen Spritpreise lassen sich zudem ganz hervorragend als zusätzliches Verkaufsargument nutzen. Einziger Wermutstropfen für die Tester: der Eco Up lohnt sich erst, wenn mehr als 60.000 Kilometer damit gefahren werden, ist also als klassisches Stadt-Auto weniger geeignet. Zu teuer ist die Umrüstung auf Erdgas.

Konservative deutsche Autoindustrie

Der VW verbraucht 2,9 Kilogramm davon auf hundert Kilometern und hat für Notfälle einen Zehn-Liter-Benzintank an Bord. Der VW-Öko-Flitzer ist allerdings der einzige Lichtblick unter den deutschen Pkw-Modellen. Egal ob Familienautos oder Kleinwagen: in allen anderen Rankings dominieren klar fernöstliche Hersteller, vor allem Hybrid-Modelle aus Japan.

Bei der Klimabilanz liegen natürlich die Kleinsten ganz vorn. Der Eco Up und Toyota Yaris Hybrid mit jeweils 79 Gramm CO2-Ausstoß auf hundert Kilometern. Damit unterschreiten sie bereits jetzt den 80-Gramm-Grenzwert, den Umweltverbände EU-weit fordern - ab 2020 wohlgemerkt.

EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard wäre wohl schon mit den 95 Gramm zufrieden, die derzeit diskutiert werden. Diesen Wert erreichen jetzt schon 30 der 400 vom VCD getesteten Fahrzeuge. Nichtsdestotrotz wird die 95-Gramm-Grenze von der Autoindustrie, allen voran der deutschen, massiv bekämpft. „Sie sollte endlich ihren Widerstand gegen zielführende CO2-Grenzwerte aufgeben“, appelliert Gerd Lottsiepen vom VCD an die Branche.

Klima-Aspekt der Mobilität im Fokus

Lottsiepen weiß das Allzeit-Hoch an der Tankstelle zu nutzen. Ein geringer Verbrauch sei das beste Mittel gegen weiter steigende Spritpreise. Das der VCD den Klima-Aspekt der Mobilität in den Mittelpunkt rückt, ist sicher gerechtfertigt. Erst kürzlich stellte die Internationale Energieagentur fest, dass die Zunahme des Energieverbrauchs im Jahr 2011 genau in das Horrorszenario einer globalen Erwärmung um sechs Grad Celsius passt.

Die akribische Co2-Zählerei macht den Verkehrsclub auch nicht blind für andere Probleme: Der ansonsten vorbildliche - und mit 17.000 Euro sogar ungewohnt günstige - Toyota Yaris Hybrid rutscht in der Liste wegen schlechter Lärmwerte auf Platz sieben ab. Den Geräuschpegel habe Toyota wohl bei der - für den Massenmarkt dringend notwendigen - Preissenkung für den Hybriden aus den Augen verloren, schreibt der VCD.

In der Bewertung des VCD wird die Klimabilanz mit Abstand am höchsten gewichtet (60 Prozent), gefolgt von der Belastung durch Lärm (20) und Schadstoffe (15) sowie der weiteren Belastung der Natur, vor allem durch Stickstoffoxid (5). Die Methodik für die Rangliste wurde 1997 von Forschern der Uni Heidelberg entwickelt und bei Bedarf aktualisiert.

Keine uneingeschränkte Empfehlung

Der VCD bewertete auch das Umweltmanagement der Hersteller. Daimler liegt überraschend vorn, knapp vor Volkswagen und mit weitem Abstand vor dem Dritten, Peugeot/Citröen. Für die Hersteller gibt es noch viel Luft nach oben. Der Sieger Eco Up erreicht 8,03 von zehn möglichen Punkten, das zweitbeste Familienauto etwa, ein VW Touran, lediglich 5,73. Selbst wenn der Öko-Verkehrsclub in ferner Zukunft einmal ein rundum ökologisches Fahrzeug prämieren sollte - eine uneingeschränkte Kaufempfehlung wäre selbst dann nicht zu erwarten.

Die bewährte Formel lautet, wenn schon ein Auto, dann halt so eines. Und für Elektroautos gilt derzeit laut Lottsiepen sogar: Wenn überhaupt ausprobieren, dann nur im Car-Sharing.

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9 Kommentare

 / 
  • RH
    Robert Haberling

    CNG Autos sind das beste momentan und mittelfristig für jeden zu haben ist.

    LPG ist Unsinn, Verbrauch höher und das LPG muss wie Benzin transportiert werden. Erdgas ist sowieso in den Leitungen! Ausserdem sind die Motoren in aller Regel nachgerüstet und nicht auf den Betrieb mit Gas optimiert. Im Gegensatz zu ab Werk erhältlichen CNG Autos. Alleine schon darum ist Erdgas eine tolle Sache. Da mache ich mir gerne einen Kopf, wo ich tanken kann. Bei ca. 1000 Tankstellen in der BRD überhaupt kein Problem! Leute, 12000,- für einen Neuwagen nur 2500 über dem Preis eines Benziners. Schon mal geschaut, was ein Elektroauto kostet?

    Über die Herstellung von Akkus (Batterien) muss ich wohl nichts weiter erläutern, oder?

    Alles redet über Umweltschutz und jeder erwartet ein Fahrzeug das nix kostet und nix verbraucht und auf Bäumen wächst......Noch was: In den ganzen Berechnungen wird immer von Neuwagen ausgegangen. Das ist nicht korrekt, denn auch Erdgas Fahrzeuge werden als gebraucht verkauft. Mein Opel CNG ist von 2006 und hat 4500,- Euro gekostet. Und von einem Tag auf den anderen hatte ich ein erheblich umweltschonenderes, vollwertiges Auto. Nicht so ein teures Elektrodreirad oder so ein Quatsch. 100 Km kosten mich dabei 4,50-5,00 Euro Treibstoff. So.

  • S
    Scheisskarre

    Das Ding ist als Totgeburt geplant, wie der Lupo.

    Reine Alibiveranstaltung.

     

    Erdgasantrieb kann kein Mensch brauchen, außer Flottenfahrzeuge im Stadtbereich, weil es kein brauchbares Tankstellennetz gibt und die vorhandenen Tnkstellen oft zu oder defekt sind, und das bei kleiner Reichweite wegen des großen Tanks.

  • X
    xonra

    Das Autoklübchen VCD weigert sich seit beinahe 20 Jahren zumindest einige Solarelektromobile, wie das TWIKE - zum Vergleich neben dem Ranking der fossilen Fahrzeuge aufzuführen. Eigentlich beinahe ebenso verblendet wie seine große Schwester mit dem A am Anfang. Die Devise Entschleunigung und eine notwendige Verhaltensänderung bei den Nutzern geht auch diesem Klübchen völlig ab.

  • D
    Dominik

    Wer ganz einfach ohne Rieseninvestition und ab dem 1km massiv CO2 einsparen möchte, möge bitte einfach auf Fleischkonsum verzichten - ein Kilogramm Fleisch verursacht nämlich ca. 36kg CO2 Ausstoß. Deswegen ist Massentierhaltung auch für gut 50% des weltweiten Klimagasausstoßes verantwortlich (lt. Studie von Worldwatch). Nicht eingerechnet sind die mit der Fleischproduktion einhergehenden Umweltzerstörungen und natürlich das damit verbundene Tierleid.

  • B
    Bene

    von Horsti 22.08.2012 12:53 Uhr

    "Ein Auto, welches pro Jahr 60.000 km gefahren werden muß, damit es sich überhaupt für den Besitzer lohnt, "begeistert" den VCD? Mich entgeistert sowas eher..."

     

    Doch nicht pro Jahr... Insgesamt! Und da erreicht ja quasi jedes Auto 60000km in seinem gesamten Leben. Die Spritpreise werden wohl auch nicht niedriger mit den Jahren. Ich halte das Konzept für sehr gelungen.

  • L
    LPGkunde

    Erdgas (CNG) ist ein blöder deutscher Sonderweg (sponsord by Gasag). Autogas (LPG) ist besser. Mehr Tankstellen (national und besonders international), geringerer Druck (und damit weniger Energieverbrauch bei der Herstellung) und die Tankstellen, die es gibt, die funktionieren auch (bei CNG-Tanken nicht selbstverständlich), mehr Möglichkeiten den zweiten Tank unterzubringen.

    Es ist kein Zufall, das 90% der CNG-Fahrzeuge Flottenfahrzeuge sind. Freiwillig tut sich keiner sowas an. Insofern ist das ein fail von VW. Aber das ist wohl Absicht, so wie auch der Lupo schon eine Fehlplanung war. Als er sich doch zu verkaufen drohte wurde er prompt für den Phaeton abgesezt. Ein schelm wer böses dabei denkt.

     

    @Horsti: 60.000 km zur Amortisierung der Erdgasanlage. Wenn du das in einem Jahr schaffen möchtest, bitteschön, aber man kann sich damit auch mehr Zeit lassen. Unsere LPG-Anlage brauchte 40.000 km bis sie sich amortisiert hatte, hat über zwei Jahre gedauert. :)

  • W
    Waage

    Was hat der Wagen denn für ein Leergewicht?

    Eine Information, welche in jedem Autobericht zumindest in der taz in der ersten Zeile stehen sollte bevor es weitergeht.

     

    Beispiel:

     

    "Der xx kg schwere VW (...)"

     

    Das Gewicht und das vebaute Material sind zentral für die Bewertung des "ökologischen Rucksacks". Dann erst interessieren die technischen Finessen!

  • A
    Andre

    Geringe CO2 Ausstässe sind bestimmt nicht von Nachteil, jedoch den Fokus nur auf das Automobil zu lenken ist natürlich unfug. Die meiste Energie geht drauf für die Beheizung unserer Wohnungen, Nutzung von Warmwasser und so weiter.

     

    Nicht zu vergessen die riesigen Mengen, die für die Erzeugung unserer Konsumgüter drauf geht und die Erzeugung unserer Lebensmittel.

     

    Man sollte auch bedenken: Wer eine 95Gramm Grenze will läutet damit indirekt das Ende der dt. Automobilindustrie ein. Die dt. Hersteller produzieren halt auch stark im Mittelklasse und Oberklasse Segment. Ein Up ist nicht mit einem 7er BMW zu vergleichen. Es werden sich alle Hersteller in Japan, Korea, Resteuropa und USA die Hände reiben, die ausfallenden Kapazitäten aus D zu ersetzen.

     

    Die Radikal-Ökos und Linken können sich ja dann schonmal nach einer neuen Quelle für Sozialhilfe und Hartz4 umschauen. Denn der Staat wird dann noch weniger Geld haben als heute.

  • H
    Horsti

    Ein Auto, welches pro Jahr 60.000 km gefahren werden muß, damit es sich überhaupt für den Besitzer lohnt, "begeistert" den VCD? Mich entgeistert sowas eher...

    Da dürfte der Uralt-Benz mit 15 Liter Verbrauch eine bessere Ökobilanz haben.