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Umstrittenes Urteil bestätigtKeine Sportwetten bei Hartz-IV

Das Landgericht in Köln hat sein eigenes Urteil bestätigt: Hartz-IV-Empfänger dürfen nicht bei Sportwetten mitmachen. Wie das im Alltag überprüft werden soll, bleibt unklar.

Kein Jackpot für Hartz IV-Empfänger: Sportwetten sind tabu. Bild: dapd

KÖLN taz | Das Landgericht Köln hat sein umstrittenes Sportwetten-Verbot für Hartz-IV-Empfänger bekräftigt. Es wies am Donnerstag einen Widerspruch der Westdeutschen Lotterie gegen das Verkaufsverbot ab. Westlotto kündigte Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln an.

Die Entscheidung bedeutet nach Angaben des Gerichts nicht, dass nun jede Lotto-Annahmestelle ihre Kunden überprüfen muss. Nur wenn die Mitarbeiter der Annahmestellen ganz konkrete Hinweise darauf haben, dass sich ein Kunde seine Wette eigentlich nicht leisten kann, müssen sie einschreiten.

In dem konkreten Fall hatte ein Konkurrent von Westlotto, der Sportwetten-Anbieter Tipico, zwei Leute zu Testkäufen in verschiedene Lotto-Annahmestellen geschickt. Unmittelbar vor dem Verkäufer hatte dann der eine gesagt: "Geht das überhaupt, dass du hier schon wieder 50 Euro setzen kannst, du bist doch pleite und bekommst Hartz IV?" Darauf kam die Antwort: "Ach, ich hab das Geld jetzt und demnächst vielleicht noch mehr... So kann man doch nicht leben!"

In einem solchen Fall mache es sich der Verkäufer in einer Annahmestelle zu einfach, wenn er einfach weghöre oder das Gespräch nicht ernst nehme, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Urteilsbegründung. Er handele dann "glücksspielstaatsvertrags- und wettbewerbswidrig". Denn der seit 2008 geltende Glücksspielstaatsvertrag schreibe vor, dass Personen vor Glücksspielen geschützt werden müssten, deren Einsätze in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrem Einkommen stünden.

Westlotto-Sprecher Axel Weber bezeichnete die Entscheidung als "realitätsfern". Niemand könne ohne Anhörung einfach so von Sportwetten ausgeschlossen werden. "Es fehlt hier einfach auch an gesellschaftlichem Sachverstand." Deshalb gehe man in Berufung.

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13 Kommentare

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  • S
    Schtanzl

    Wie abwegig es auch sein mag, Hartz-4 Empfänger aus der Masse der Lottospieler "aussortieren" zu wollen, so basiert es doch auf der Fürsorgepflicht unseres Staates und ist damit für sich gesehen legitim-doch noch lange nicht richtig oder durchsetzbar.

    Letztendlich ist es nicht allzu anders, wie der Vorschlag, Menschen mit arabischen Aussehen vorsorglich gesondert und gründlicher zu durchsuchen; es ist Diskriminierung von Minderheiten in der Öffentlichkeit und damit Verfassungswidrig.

    So steht die Entscheidung im Klinsch zwischen zwei Rechten.

    Doch nachdem ein Gesetz vollständig legitim sein muss, ist dieses falsch und sollte so nicht durchkommen.

  • BN
    Bruno ( NICHT PROBLEM BÄR )

    Die Technik hilft sicherlich das zu kontrollieren. Jeder Bundesbürger bekommt ab sofort einen Mikrochip unter die Haut gepflanzt.

     

    Dieser wird dann, sobald man(n),(oder Frau) bei Bedürftigkeit auf den Job-Center einen Antrag auf Leistungen gestellt haben, sofort mit aktiviert.

     

    Dann werden nach und nach, alle Lotto und sonstige Wett-Annahmestellen, mit sogenannten Scannern ausgerüstet, damit die Unternehmer(innen)und, oder, deren Mitarbeiter(innen)dieser Annahmestellen, durch auslösen eines stillen Alarm gewarnt, und auf die Hilfsempfänger aufmerksam gemacht werden.

     

    Und wenn wir so schon beim Thema sind, warum nicht gleich eine GPS Überwachung, ala APPLE, dann kann gleich noch ein Bewegungsprofil von Harz Vier Empfänger erstellt werden, über diesen kleinen süßen Mikrochip, der natürlich über Steuern Finanziert wird, dass versteht sich doch von selber, oder etwa nicht?

     

    Ich bin da ganz zuversichtlich und voller Vertrauen, dass unserer Regierung ala Merkel und ihrer Ferkel, bestimmt eine passende Sauerei dazu einfallen wird.

     

    In diesem Sinne.....gut Grunz......;-)

     

    Mit freundlichen Grüßen, Schweinchen Dick

  • S
    Smilla

    Ich spiele weder Lotto noch sonstwas,aber ich bin empört.Die staatlichen Eingriffe gehen immer weiter.In die Familien,ins private und besonders die Randgruppe der Hartz'ler haben sie auf dem Korn.Das hat System,meiner Meinung nach ein ungutes.Vielleicht sollten sie in Zukunft auch die Alkoholmenge die abgegeben wird kontrollieren(ja ich trinke auch nicht)-allerdings vielleicht nicht nur bei Hartz 4 Empfängern sondern so ganz allgemein.Leisten kann sich das sicher auch nicht jeder....

    Lieber Schwerverbrecher rumlaufen lassen-auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammenerfassbar ist...

  • T
    TheOrbitter

    Ja sicher! Wettverbot für Hartz'ler, was für ein Schwachsinn! Kriegen Hartz IV Empfänger vielleicht 'ne Armbinde um, damit man sie von normalen Deutschen unterscheiden kann? Oder läuft das ganze auf good-will-Basis?

    "Tach. Einmal 'Horst' auf Sieg im vierten Rennen und 'Rosi' auf Platz im achten. Jeweils mit fuffzich Euros." - "Beziehen sie Hartz IV?" - "Nein." - "Okay. Dann sind's hundert, bitte."

    Argh, als ob die Justiz sich nicht mit wichtigerem zu befassen hätte als so 'nem grob gehobelten Unfug.

  • A
    Arne

    @ elbröwer

    Keine Tätowierung. Alle entsprechenden Personen müssen in Zukunft gelbe Aufnäher "H 4" auf der Kleidung tragen.

    In Deutschland hat man Erfahrung mit so etwas ...

  • D
    Dortmunder

    Was für ein Journalismus ist das heutzutage eigentlich? Warum wird hier - wie anderswo - behauptet, den HartzIV-Empfängern würde etwas verboten?

    Das Urteil aus Köln richtet sich weder an noch gegen HartzIV-Empfänger sondern gegen Westlotto.

    Vordergründiges Ziel (oder soll man sagen: Vorgeschobenes Ziel) ist es, Menschen mit wenig Geld vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen - wogegen ja auch eigentlich nichts spricht. Da sich aber der Kläger nur gegen Westlotto wendet, nicht aber gegen alle anderen Glücksspielveranstalter, dürfte klar sein, worum es geht: Der Konkurenz soll geschadet werden.

    Also: Urteil noch mal genau lesen und Artikel neu schreiben. HartzIV-Empfängern drohen auch weiterhin keine Konsequenzen, wenn sie einen Lottoschein abgeben.

  • JK
    Juergen K

    Sparkassen und Banken:

     

    Prämiensparen, Zinswetten (Zins auf WM Tore etc.)

     

    Zeit für eine Unterlassungserklärung gegen die Banken.

  • E
    elbröwer

    Sind Richter dumm oder weltfremd? Wer soll das wie kontrollieren? Brauchen jetzt alle eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der ARGEN für 30,- Euro um Lotto spielen zu können oder wird HartzIV-Empfängern dies auf die Stirn tätowiert.

  • S
    Spieler

    Und wer kontrolliert das bei allen Geringverdienern, die laut den meisten Foren weniger Geld als ALGII-EmpfängerInnen bekommen? Oder wie sieht es mit PolitikerInnen aus? Warum sollten sie auf SteuerzahlerInnenkosten spielen/wetten dürfen? Und wer hat ihnen erlaubt so große Autos zu fahren?

     

    Wenn wir einmal anfangen, dann sollten wir den Gedanken auch mit deutscher Gründlichkeit zu Ende bringen. Etwas anderes kann sich das hoch verschuldete Deutschland nicht leisten...

  • H
    heinzl

    Ist doch ganz einfach zu kontrollieren. Jeder ALG II Empfänger muss ein rotes H4-Zeichen auf der Oberbekleidung tragen, das hat doch schon mal geklappt.

  • H
    Hasso

    Die Menschen "dürfen" für einen Hungerlohn (Aufstocker)arbeiten;aber nichts riskieren um aus dem "Sklaventum" rauszukommen. Und außerdem, geht es doch nicht um das Wohl der "Prekarianer"-, es geht darum, dass die "Gewinner der Lotterie" das Geld an die Arge abdrücken sollen, weil Gewinnspiel ja verboten!? Hat jemand z.B. fünf mit Zusatzzahl könnte er ja, je nach Alter, auf eigenen Füßen steh'n. So aber kassiert erst mal die Arge Geld zurück, mit dem Hinweis, dass er ja nicht hätte spielen dürfen. Das scheint für mich der wahre Grund zu sein, warum die vom Liberalismus geschädigten nicht spielen dürfen. Man wird sehen!

  • DN
    Daniela Nettinger

    Wie das funktionieren soll?

    Jeder Harz IV Empfänger bekommt einen Vormund vom Staat und wird somit entmündigt. Wir könnten ja auch alle Harz IV Empfänger in ein neues Harz IV Bundesland umsiedeln, damit wir über Sie bestimmen können. Der deutsche Staat und das Gericht sollten sich schämen.

  • D
    diplom_hartzi

    Was ist eigentlich mit Niedriglöhnern, die zum Hartz-IV-Satz arbeiten, Praktikanten, Studis ohne BaföG oder Niedrigrentnern? Und gibt es Ausnahmeregelungen für Hartzis mit Minijob? ;-)Das Argument, das Einkommen entscheide, ist damit hinfällig. Und darf ich mir statt des Mindestwetteinsatzes von 1,80 € im Pferderennen dann wenigstens ne Bockwurst für 2 € kaufen? Oder besser gleich null Zutritt zu Vergnügungsstätten jeder Art?