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Umstrittener US-FahrdienstvermittlerUber kommt über China

Uber will den chinesischen Markt erobern und hat dafür in kurzer Zeit mehr als 60.000 Jobs geschaffen. Die Behörden sind darüber wenig erfreut.

Von Uber vermittelte Fahrer sind fast immer freundlich – auch noch in einem Stau wie diesem? Foto: reuters

PEKING taz | Die Rücksitze sind dreckig, es riecht verraucht, die Fahrer sind vom Dauerstau genervt. Wegen der ständigen städtebaulichen Veränderungen kennen sie oft auch nicht das Ziel. Und seitdem chinesische Taxi-Apps wie Didi oder Kuaidi üblich sind, halten viele Taxifahrer nicht einmal mehr an. Sie reagieren nur noch gezielt auf Onlinebestellungen, weil sie bei der Suche nach Fahrgäste nicht ständig im Stau stecken wollen.

Menschen ohne Smartphones oder Ausländer ohne Chinesischkenntnisse sind aufgeschmissen. Denn die Apps erfordern vom Fahrer routiniertes technisches Wissen und vom Fahrgast gute Sprachkenntnisse. Wer seine Ortsangaben nicht korrekt in die Sprechfunktion der App einspricht, wird vom Fahrer oft nicht verstanden und damit auch nicht abgeholt.

Für viele ist es daher ein Segen, dass der Fahrdienst-Vermittler Uber seit einigen Monaten auch in chinesischen Großstädten seine Dienste anbietet. Von Uber vermittelte Fahrer sind fast immer freundlich, ihre Fahrzeuge gepflegt und sauber. Und da sie übers Internet überhaupt zu Uber gefunden haben, sind die meisten Fahrer geübt im Umgang mit Technik, etwa auch mit Navigations-Apps auf ihren Smartphones. Fast jeder Ort ist für sie auffindbar. Kein Wunder, dass Uber in China viel Zuspruch erfährt.

Nach Angaben von Uber-Chef Travis Kalanick werden in China täglich eine Million Fahrten gebucht. Das ist ein rasanter Anstieg. Im Dezember sprach Uber schon mal von einer Million Fahrten – aber für sein weltweites Geschäft. Die Fahrten in China haben sich Kalanick zufolge allein im vergangenen Monat verdoppelt. 60.000 Arbeitsplätze sind seinen Angaben zufolge entstanden. Nach den USA ist die Volksrepublik damit der zweitgrößte Markt von Uber.

Das lässt sich das Unternehmen aus Kalifornien jedoch einiges kosten: Um innerhalb kurzer Zeit mehr Fahrer zu rekrutieren zahlt Uber der New York Times zufolge derzeit Boni an die Fahrer, die sogar den Fahrpreis übersteigen. Allein in diesem Jahr will Uber eine Milliarde Dollar in sein Geschäft investieren – ein Rekord. Bis Ende 2016 will das US-Unternehmen in 50 der 80 chinesischen Fünfmillionenstädte seinen Dienst anbieten können. „Der riesige Markt gehört zu den Prioritäten von Uber“, so Kalanick.

Didi Kuaidi dominiert den Markt

Dabei ist China kein einfacher Markt. Dominiert wird er derzeit von Didi Kuaidi, ein Zusammenschluss der beiden bislang führenden Taxi-Apps. Dahinter stecken die chinesischen Internet-Giganten Alibaba und Tencent. Die Regierung in Peking will zudem lieber ein chinesisches Unternehmen als Marktführer. Hinzu kommt, dass auch die Behörden nicht glücklich über den Fahrdienst-Vermittler sind.

Wie in anderen Ländern vermuten sie Verstöße gegen Beförderungsregeln; deswegen hat die Polizei in der südchinesischen Stadt Guangzhou vor einigen Wochen bereits ein Uber-Büro durchsucht. Vor allem aber fürchten die Behörden den Zorn der Taxifahrer. In mehreren Städten sind diese bereits handgreiflich gegen Uber-Fahrer geworden.

Allerdings weiß Uber einen mächtigen chinesischen Partner hinter sich. Im Dezember ist der Internetriese Baidu – Betreiber von Chinas derzeit größten Suchmaschine – bei Uber eingestiegen. Ein geschickter Schachzug des US-Unternehmens: Denn damit ist Uber nun ein Stück weit chinesisch.

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3 Kommentare

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  • Ich stimme Velofisch voll zu. Uber schafft auf der ausführenden Ebene keine Jobs bzw. Arbeitsplätze. Die Plattform Uber vermittelt Fahrten an eher prekäre Solo-/Scheinselbstständige, die das wenige unsichere/unregelmäßige zusätzliche Geld brauchen. Warum sollte dadurch plötzlich der Service verbessert werden („saubere Autos“)? 60.000 Registrierungen in der Nutzerdatenbank sagen heute auch nichts mehr aus.

    Woher stammen diese Informationen?

    Hinter dem gesellschaftspolitisch und ökonomisch fragwürdigen Geschäftsmodell von Uber (das höchstens bei hoher sozialer Ungleichheit und extremer Deregulierung funktionieren kann) steckt enorm viel Risikokapital, das darauf wettet, das aus Uber in 10 Jahren irgendetwas Rentables wird. Dafür braucht es Marktführerschaft – auf Teufel komm raus. Deshalb wird enorm viel Geld in die Hand genommen. Deshalbwird auch versucht, sich (wie andere Geschäftsmodelle der US IT Blase) „Real Economy“ einzukaufen – siehe Nokia Kartendienst…

  • Mag sein, dass die chinesischen Taxis einen schlechten Ruf haben. Wenn aber statt in regulären Taxis in Uber-Taxis gefahren wird, dann werden damit keine Arbeitsplätze "geschaffen". Bestenfalls fahren bisherige Taxisfahrer für Uber uns es findet eine Verlagerung der Arbeitsplätze statt - meistens fallen jedoch reguläre Arbeitsplätze weg.

    Wenn Uber um in den Markt zu kommen den Fahrer_innen vorübergehend mehr zahlt als Uber von den Fahrgästen erhält, so ist dies schlichtweg "Dumping". In den meisten Staaten ist dies wettbewerbswidrig und deshalb verboten.

    Die taz sollte schon ein wenig kritischer berichten und nicht nur die PR-Meldungen von Unternehmen publizieren.

    • @Velofisch:

      Absolut richtig! Uber schafft keine Jobs. Uber vermittelt Fahrten an prekäre Solo-/Scheinselbstständige, die das wenige unregelmäßige Geld brauchen. Und warum sollten die nun plötzlich den besseren Service bieten? 60.000 Registierungen in der "Nutzer-Datenbank" sagen heute auch nichts mehr aus. Woher stammen denn diese Informationen?

      Hinter dem gesellschaftspolitisch und ökonomisch sehr fragwürdigen Geschäftsmodell von Uber steckt enorm viel Risikokapital, dass nun auf Teufel komm raus einen Marktführer produzieren will - durch enorme Geldspritzen. Deshalb kaufen sie sich ja auch - wie andere Geschäftsmodelle der US IT Blase "Real-Economy" ein... siehe Nokia Kartendienst...