Umstrittene Finanzlobbygruppe G30: Draghi darf mit Blackrock kuscheln
Das EU-Parlament hat nichts gegen die Mitgliedschaft des EZB-Chefs in der Lobbygruppe „Group of 30“. Ein Antrag auf den Rückzug Draghis wurde abgewiesen.
Die G30 ist eine private Gruppe mit Sitz in Washington. In ihr sitzen Gouverneure von Zentralbanken, Vertreter privater Geldinstitute sowie Wissenschaftler. Die Mitgliedschaft erfolgt auf persönliche Einladung. Draghi trifft sich in dieser erlauchten Runde unter anderen mit Bankern, deren Geldinstitute von der EZB überwacht werden. Zu den Mitgliedern gehört auch der Finanzinvestor Blackrock.
Die Mehrheit der EU-Abgeordneten war der Meinung, dass Draghi in diesem Kreis gut aufgehoben sei. Die EZB sei unabhängig, ihr Präsident könne frei entscheiden, wo er mitarbeiten wolle. Dies gelte auch für nichtöffentliche Gremien wie die G30, „wenn dies für die optimale Durchführung der Geldpolitik der EZB erforderlich ist“. Sie schloss sich Draghis Argumentation an.
Grüne, Linke sowie einige Sozialdemokraten und Liberale kritisieren dagegen Intransparenz und Geheimniskrämerei in dem Gremium, das von der Rockefeller-Stiftung gegründet worden war. Sie verweisen zudem auf einen Bericht der Bürgerbeauftragten O’Reilly. Darin wurde Draghi zum Rückzug aufgefordert, um die Integrität und den Ruf der EZB zu wahren.
Martin Schirdewan, finanzpolitischer Linke-Sprecher
O’Reilly verweist zudem auf die US-Notenbank Fed. Dort ließ Draghis Ex-Kollegin Janet Yellen (sie leitete die Fed bis Februar 2018) die G30-Mitgliedschaft ruhen. „Vielleicht hat man in den USA früher als in der EU erkannt, wie wichtig die öffentliche Wahrnehmung ist – vor allem, wenn es um mutmaßliche Interessenkonflikte geht“, sagte O’Reilly im taz-Gespräch.
Kritik kommt auch vom finanzpolitischen Sprecher der Linken im EU-Parlament, Martin Schirdewan. „Die Optik ist mehr als schief“, sagte er. Draghi setze sich potenziellen Interessenkonflikten aus. Es dürfe nicht „der Eindruck entstehen, dass die geldpolitischen und regulatorischen Entscheidungen der EZB von ein paar Topbankern beeinflusst sein könnten.“
Die Entscheidung im Europaparlament kam, kurz nachdem die EZB ihre Verhaltensregeln verschärft hatte. Sie sollen die Transparenz verbessern und Interessenkonflikte vermeiden helfen. Die Regeln gelten auch für das EZB-Direktorium, dem Draghi angehört. Für die Mitarbeit in der G30 wurde keine Beschränkung erlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“