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Umstrittene Bürgermeisterwahl in PankowPolitik im Sinne Franziska Giffeys

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

In Berlin-Pankow wollen SPD und CDU neue Straßen und Wohnungen an der Elisabeth-Aue bauen. Die Linke hat für diese Rolle rückwärts den Weg geebnet.

Bleibt im Amt, doch die Politik machen jetzt andere: Sören Benn Foto: dpa

S ören Benn war schon immer für Überraschungen gut. Als „Evangele“ mit Hang zur „Bewahrung der Schöpfung“ bezeichnete er sich 2018 in einem langen Interview, da war er schon mehr als ein Jahr als Bürgermeister im Amt. Ein ehemaliger Sozialarbeiter und Schaupieler im Rathaus Pankow: Das versprach Abwechslung in der sonst eher tristen Kommunalpolitik.

Dass er für die Linkspartei das Bürgermeisteramt in Berlins bevölkerungsreichstem Bezirk erobern konnte, war für Benn kein Widerspruch. Einmal, weil er die christliche Nächstenliebe auch in der Linken aufgehoben sieht. Und zum anderen, weil ihm die CDU das Gegenteil davon zu sein schien, wie er sagte: „Das Programm der neoliberalen CDU ist: Wenn jeder für sich sorgt, ist für alle gesorgt. Das hat mit dem christlichen Menschenbild nichts zu tun.“

Für Überraschungen war Sören Benn auch in den vergangenen Wochen gut. Nachdem die Linke und die SPD die Verhandlungen mit den Grünen über eine Zählgemeinschaft abgebrochen hatten, zeichnete sich eine ganz andere Koalition in Pankow ab: SPD und CDU waren bereit, für die Wiederwahl Benns zu sorgen, obwohl die Grünen nach der Wahl am 26. September stärkste Kraft geworden waren. Rot-Rot-Schwarz also in Pankow, auch wenn es wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses der CDU mit der Linken eher eine rot-schwarze Minderheitenzählgemeinschaft mit Tolerierung der Linkspartei ist.

Was das für die kommenden fünf Jahre in Pankow bedeutet, zeigte sich am Dienstag. Gemeinsam stellten SPD und CDU 23 Vorhaben für die Bezirkspolitik vor. Beide wollen nicht nur die Elisabeth-Aue im Norden Pankows bebauen, wenn auch nur als „schonende Randbebauung“. Auch zahlreiche neue Straßen sind vorgesehen. Von einer Verkehrswende ist dagegen keine Rede. Da passt es auch, dass für Verkehr im Bezirksamt künftig die CDU-Politikerin Manuela Anders-Granitzki als Stadträtin zuständig sein wird.

Rollback in Sachen Verkehr

Während die SPD und die Grünen in Mitte künftig jeden vierten Parkplatz umwidmen wollen, proben SPD und CDU in Pankow eine Rolle rückwärts. Und die Linke unterstützt diesen Rollback. Hauptsache Bürgermeister, scheint die Devise – nicht nur bei der Frage, wer einen wählt, sondern auch, wessen Politik man damit unterstützt. In Pankow jedenfalls sind es vor allem die Außenbezirke, die die neue ganz große Koalition im Auge hat. Franziska Giffey lässt grüßen.

Ganz so überraschend aber kommt auch das nicht. In seinem Interview 2018 hatte Sören Benn auch verraten: „Ich bin hier Kommunalpolitiker, mein Auftrag ist nicht, den Kapitalismus in Pankow abzuschaffen.“ Und: „Für Ideologie ist hier kein Platz.“

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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2 Kommentare

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    Die Moderation

  • Sie ist leider immer gegenwärtig, ..Wie immer erscheint dann diese blonde Frau...



    „schonende Randbebauung“. Das ist genau diese Sprache der Frau...



    Wo fängt die Schonung an, wo hört sie auf.



    „Ideen und Weltbilder, die sich nicht an Evidenz und guten Argumenten orientieren, sondern die darauf abzielen, Machtverhältnisse zu stabilisieren ..



    Könnte Sören Benn bekannt vorkommen.

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