Umstrittene Abstimmung in Niedersachsen: Schwarz-Gelb auf Kommunistenjagd

CDU und FDP in Niedersachsen wollen das Landesparlament abstimmen lassen, ob die Linkspartei verfassungswidrig ist. Die rot-grüne Opposition hält das für Zeitverschwendung einer verwirrten Regierung.

In Niedersachsen treibt der Umgang mit der Linken, hier die Fraktionsspitze, sonderbare Blüten.

HANNOVER taz | Nach dem Willen der niedersächsischen CDU-Fraktion soll der Landtag in Hannover beschließen, dass die Linkspartei nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Zudem sollen sich alle Fraktionen mit dem Entschließungsantrag, den die CDU am Freitag gemeinsam mit der Regierungspartnerin FDP einbringen will, "eindeutig von der Partei Die Linke distanzieren".

Als Belege für die Verfassungswidrigkeit der Partei führen CDU und FDP etwa die umstrittene Äußerung der Linken-Parteichefin Gesine Lötzsch an, der Kommunismus sei noch immer erstrebenswert. Auch die Unterstützung einzelner Linken-Abgeordnete für die "Castor? Schottern"-Kampagne zeige, "dass sich die Linke der Demokratie und ihren Grundprinzipien nicht verpflichtet fühlt", heißt es in dem Antrag.

Für die Linke selbst ist der Vorstoß "abstrus und abwegig". Bei der Frage, ob eine Partei verfassungswidrig ist, liege das Entscheidungsmonopol beim Bundesverfassungsgericht, sagt ihr Rechtspolitiker Hans-Henning Adler. Parlamente könnten nur Meinungen äußern. Für die Linken-Innenpolitikerin Pia Zimmermann ist der schwarz-gelbe Antrag schlicht eine "Farce". "Hier wird versucht, einen politischen Gegner willkürlich zu diskreditieren und kleinzuhalten", sagt sie.

Seit ihrem Einzug in den Landtag 2008 ist die Linke bevorzugtes Angriffsziel von Schwarz-Gelb. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) lässt die Partei noch immer vom Verfassungsschutz beobachten. Lange Zeit weigerte sich Schwarz-Gelb, Anträge gemeinsam mit der Linksfraktion zu unterschreiben. Zuletzt schaffte es Ministerpräsident David McAllister (CDU) mit der Äußerung "mir stinken die Linken" beim niederbayerischen Volksfest Gillamoos in die Süddeutsche Zeitung. Beim Landesparteitag in Hameln heizte er mit dem Spruch ein, es sei "zum Kotzen, dass Kommunisten immer noch unsere Bundeshauptstadt mitregieren". Zwei Tage vor den Wahlen in Berlin wird die Linken-Schelte nun zum offiziellen Vorgang im Landtag. Das hatte die Linksfraktion vorab zu verhindern versucht: In einer Geschäftsordnungsdebatte wollte sie den Antrag von der Tagesordnung absetzen lassen. Gegen die Stimmenmehrheit von CDU und FDP ließ sich das aber nicht durchsetzen - trotz Unterstützung von SPD und Grünen.

Die sind zunehmend genervt vom schwarz-gelben Anti-Linke-Kurs. "Krude Selbstvergewisserungsrituale" wie Attacken auf die Linke würden "immer wieder als Stimmungshöhepunkte der Parlamentswoche inszeniert", sagt etwa die Vize-Fraktionschefin der Grünen, Gabriele Heinen-Kljajic. "Das raubt Zeit für konstruktives Arbeiten." Auch sie hält den Landtag in Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Linken nicht für die "entscheidende Instanz". Für den SPD-Innenpolitiker Heiner Bartling spricht der Entschließungsantrag vor allem für die "verwirrte Geisteshaltung" von CDU und FDP. Diese sollten sich mit dem Angstgegner in politischen Sachfragen auseinandersetzen statt per "Landtagsbeschluss Urteile zu fällen", sagt er. "So etwas macht man nicht mit einer demokratisch gewählten Partei, die Abgeordnete stellt und in anderen Ländern mitregiert."

Für Bartling lohnt es sich nicht, sich ernsthaft mit dem Antrag zu beschäftigen. Könnten CDU und FDP mehr als "Verdächtigungen und Beschuldigungen" gegen die Partei vorweisen, wäre ein Verbotsverfahren die einzige Konsequenz, sagt er. Das aber sei bislang nicht beantragt worden.

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