Umbau bei der Deutschen Bank: Frauen an die Fassade
Vorstandschef Cryan will den Deutsche-Bank-Konzern umkrempeln – mit mehr Frauen. Und enttäuscht die hohen Erwartungen.
Die einzige Frau im neuen zehnköpfigen Vorstand wird unterstützt von der Schweizerin Nadine Faruque. Als Generalbevollmächtigte soll sie den Bankern Anstand beibringen. Ebenfalls auf der zweiten Führungsebene wird die US-Amerikanerin Kim Hammonds den Technologiebereich übernehmen. Die frühere Boeing-Managerin könnte 2016 in den Vorstand nachrücken, wenn Kovorsitzender Jürgen Fitschen im Mai ausscheidet. Der Brite Cryan wird dann alleiniger Vorstandschef.
„Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass alte Seilschaften gekappt wurden“, sagt Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre (DKAA). „Aber wer weiß, was beispielsweise von Quintin Price zu erwarten ist, der aus der Führung des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock in den Vorstand einzieht?“ Dufner verweist darauf, dass Blackrock seine Beteiligung an der Deutschen Bank auf 5,9 Prozent aufgestockt hat. „Dass durch die ‚umfassende organisatorische und personelle Neuordnung‚eine nachhaltige Bank entsteht, glaube ich persönlich nicht.“
Der Umbau wurde am Sonntag bei einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats beschlossen. „Leitgedanke“ sei es, so ein Sprecher Cryans, die Komplexität im Management zu verringern und den Anforderungen der Aufsichtsbehörden „besser gerecht“ zu werden.
Markus Dufner, Kritische Aktionäre
Erst Anfang Oktober hatte die Bank einen Rekordverlust im dritten Quartal von 6,2 Milliarden Euro bekannt gegeben. Cryan steht vor vielen offenen Fragen: zu viele Beschäftigte, Rückstand bei der Digitalisierung, aufwendige nationale und internationale Regulierungen sowie diverse Gerichtsverfahren.
Im Mittelpunkt der Neuorganisation steht das Investmentbanking, das in zwei Bereiche aufgeteilt wird. Ob damit auch ein Abschied von ehrgeizigen Zielen verbunden ist, bleibt offen. Demnächst will sich Cryan zur neuen Strategie der Bank äußern. „Mit der Neuorganisation des Investmentbankings erfolgt kein Rückzug aus diesem besonders aggressiven Geschäftsbereich“, kritisiert der frühere Allianz-Aufsichtsrat und Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel. „Was als revolutionär gefeiert wird, entpuppt sich lediglich als Neujustierung der Aufgaben und der zuständigen Personen.“
Von einer Revolution könnte nur die Rede sein, wenn die normalen Aufgaben einer Bank – also das Spar- und Kreditgeschäft – scharf vom Investmentbanking getrennt würden. Davon könne aber keine Rede sein, so Hickel. „Es geht um alten Wein in neuen Schläuchen – unter einer gestärkten Kompetenz des Vorstands.“ Hohe Profite und Dividenden seien das Ziel.
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