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Umbau bei der Deutschen BankFrauen an die Fassade

Vorstandschef Cryan will den Deutsche-Bank-Konzern umkrempeln – mit mehr Frauen. Und enttäuscht die hohen Erwartungen.

Männer, die auf Urteile starren: Mehrere Führungsgenerationen der Deutschen Bank stehen in München vor Gericht. Foto: dpa

Hamburg taz | Frauen sollen dem Deutsche-Bank-Boss John Cryan helfen, den angeblich größten Umbau seit Jahrzehnten zu stemmen. Mehrere Manager, die von der Finanzaufsicht Bafin unter anderem wegen Zinsmanipulationen kritisiert worden waren, verlassen die Bank. Neu in den Vorstand kommt die Französin Sylvie Matherat. Die frühere Notenbankerin aus Paris soll künftig für die Einhaltung von Gesetzen und Aufsichtsregeln zuständig sein.

Die einzige Frau im neuen zehnköpfigen Vorstand wird unterstützt von der Schweizerin Nadine Faruque. Als Generalbevollmächtigte soll sie den Bankern Anstand beibringen. Ebenfalls auf der zweiten Führungsebene wird die US-Amerikanerin Kim Hammonds den Technologiebereich übernehmen. Die frühere Boeing-Managerin könnte 2016 in den Vorstand nachrücken, wenn Kovorsitzender Jürgen Fitschen im Mai ausscheidet. Der Brite Cryan wird dann alleiniger Vorstandschef.

„Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass alte Seilschaften gekappt wurden“, sagt Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre (DKAA). „Aber wer weiß, was beispielsweise von Quintin Price zu erwarten ist, der aus der Führung des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock in den Vorstand einzieht?“ Dufner verweist darauf, dass Blackrock seine Beteiligung an der Deutschen Bank auf 5,9 Prozent aufgestockt hat. „Dass durch die ‚umfassende organisatorische und personelle Neuordnung‚eine nachhaltige Bank entsteht, glaube ich persönlich nicht.“

Der Umbau wurde am Sonntag bei einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats beschlossen. „Leitgedanke“ sei es, so ein Sprecher Cryans, die Komplexität im Management zu verringern und den Anforderungen der Aufsichtsbehörden „besser gerecht“ zu werden.

Dass eine nachhal­tige Bank entsteht, glaube ich nicht

Markus Dufner, Kritische Aktionäre

Erst Anfang Oktober hatte die Bank einen Rekordverlust im dritten Quartal von 6,2 Milliarden Euro bekannt gegeben. Cryan steht vor vielen offenen Fragen: zu viele Beschäftigte, Rückstand bei der Digitalisierung, aufwendige nationale und internationale Regulierungen sowie diverse Gerichtsverfahren.

Im Mittelpunkt der Neuorganisation steht das Investmentbanking, das in zwei Bereiche aufgeteilt wird. Ob damit auch ein Abschied von ehrgeizigen Zielen verbunden ist, bleibt offen. Demnächst will sich Cryan zur neuen Strategie der Bank äußern. „Mit der Neuorganisation des Investmentbankings erfolgt kein Rückzug aus diesem besonders aggressiven Geschäftsbereich“, kritisiert der frühere Allianz-Aufsichtsrat und Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel. „Was als revolutionär gefeiert wird, entpuppt sich lediglich als Neujustierung der Aufgaben und der zuständigen Personen.“

Von einer Revolution könnte nur die Rede sein, wenn die normalen Aufgaben einer Bank – also das Spar- und Kreditgeschäft – scharf vom Investmentbanking getrennt würden. Davon könne aber keine Rede sein, so Hickel. „Es geht um alten Wein in neuen Schläuchen – unter einer gestärkten Kompetenz des Vorstands.“ Hohe Profite und Dividenden seien das Ziel.

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2 Kommentare

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  • Übrigens: "Mehrere Führungsgenerationen" steht unter dem Foto. Sehen die nicht alle ziemlich gleichalt aus?

  • Wo sollte er denn auch herkommen, der neue Wein? Der Kapitalismus ist in Deutschland Staatreligion und Macht ist nach wie vor vor allem männlich. Hohe Profite und Dividenden sind und bleiben oberstes Ziel jeder Bank. Mit Frauen wie ohne.

     

    Es war schon immer ein kindischer Irrglaube, ein bis zwei Jeanne d‘Arcs könnten einen Kollos wie die Deutsche Bank im Alleingang in eine andere Richtung lenken. Ganz albern aber wird diese Idee, wenn man nun weiß, dass Frauen wieder mal für die Erziehung zuständig sein sollen. Für die Erziehung von Erwachsenen in diesem Fall, die diesen Job im Grunde selber machen müssten, wenn sie denn ehrlich werden wollten.

     

    Bezeichnend ist es auch, wenn der DKAA sich fragt: "Aber wer weiß, was […] von Quintin Price zu erwarten ist, der aus der Führung [von] Blackrock in den Vorstand einzieht?" Je nun, wer weiß das schon. Dass allerdings von Kim Hammonds, einer früheren Boeing-Managerin, und Sylvie Matherat, der ehemaligen Notenbankerin, nichts Unerwartetes erwartet werden braucht, scheint klar zu sein für Markus Dufner. Als Frauen können sie ja schließlich keinen Männerbünden angehören.

     

    Frau Matherat kann jedenfalls als Zuständige für die Einhaltung von Gesetzen und Regeln schmerzlos geopfert werden, wenn wieder mal ein Männerbund zu grob daneben greifen musste. Und der klangvoll-nutzlose Titel Generalbevollmächtigte täuscht auch nicht drüber weg, dass die Assistentin einer Supernanny bei einer Bank nicht viel zu melden hat. Man darf dem Cryans-Sprecher also sicher glauben, wenn er von einem "Leitgedanke[n]" spricht. Die "Komplexität im Management" verringert man am besten dann, wenn schließlich nur noch einer mächtig ist. Dass es den Aufsichtsbehörden gut gefällt, wenn sie auch ohne Arbeit sehen können, wen sie zu köpfen haben, wenn wieder etwas auffliegt, weil zu viele führen wollten, glaube ich gern.