Ulrike Herrmann über den Überschuss im Bundeshaushalt: Das Pseudo-Plus
Zunächst klingt es wie ein Erfolg: Finanzminister Schäuble hat im vergangenen Jahr einen Überschuss von 5 bis 7 Milliarden Euro im Bundeshaushalt erwirtschaftet. Doch tatsächlich ist dieses Plus erstaunlich klein. Denn die Umstände sind eigentlich bestens, um noch viel größere Überschüsse anzuhäufen. Die deutsche Wirtschaft wächst, die Exporte explodieren und die Zahl der Arbeitslosigkeit sinkt.
Zudem handelt es sich selbst bei diesem kleinen Plus noch um eine Art optische Täuschung, die nur zustande kommt, weil bei den Ausgaben hartnäckig gegeizt wird: Die öffentliche Infrastruktur verrottet. Die staatlichen Investitionen reichen noch nicht einmal aus, um den Bestand an Gebäuden, Straßen und Schienen zu erhalten.
Kurz: Selbst das reiche Deutschland ist nicht in der Lage, staatliche Überschüsse zu erzielen, ohne an der falschen Stelle zu kürzen. Diese Nachricht hat durchaus internationale Bedeutung. Denn von anderen verlangt Schäuble wie selbstverständlich, was in Deutschland nicht funktioniert: Ausgerechnet das krisengeplagte Griechenland soll ein riesiges Plus im Haushalt verbuchen. Bis 2018 muss dort der sogenannte Primärüberschuss auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Das ist völlig unmöglich.
Griechenland ist aus den Medien weitgehend verschwunden, seitdem andere Themen wie die Flüchtlinge oder die Wahl von Trump die Schlagzeilen beherrschen. Aber im Hintergrund geht das Tauziehen zwischen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und Finanzminister Schäuble weiter. Der IWF kritisiert seit Jahren, die Europäer hätten völlig abwegige Vorstellungen, wenn es um den Sparkurs in Griechenland geht. Das Land könne maximal einen Primärüberschuss von 1,5 Prozent erreichen.
Wie richtig der IWF liegt, beweist nun ausgerechnet Schäuble selbst – indem er sogar in reichen Jahren nur einen Mickerüberschuss erreicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen