Uli Hannemann Liebling der Massen: Auch die Taube hat eine Achillesferse
So schlimm war es noch nie. Im Minutentakt fliegen Tauben meinen Balkon an, besetzen jede noch so kleine freie Stelle und scheißen alles voll. Ich möchte das nicht. Der Kot macht krank, und wenn er trocknet, wachsen auf ihm Hefepilze, die sogar noch kranker machen. Auch ästhetisch ist das zum Donnerbalken degradierte Wohnumfeld kein Highlight.
Erst versuche ich, potentielle Landeplätze mit Holzstäben einzuschränken, die ich in die Blumenkästen stecke. Dann, ein Tipp aus dem Internet, mache ich es ihnen noch etwas schwerer, indem ich daran auch noch im Wind flatternde Stanniolstreifen befestige. Aber sie scheißen bloß drauf, buchstäblich scheißen sie drauf.
Das gleiche Schicksal dürfte den Plastikraben zu 10,99Euro aus dem Bauhaus blühen, die ebenfalls im Netz empfohlen werden. Da winkt die Taube nur müde ab, ebenso wie beim künstlichen Falken. Bei einer Freundin kopulierten sie sogar frech auf dessen Rücken – die Fantasie von gefährlichem Sex vor aller Augen schien ihnen noch als befeuernder Kink zu dienen. Da wäre es schon besser, ich kaufte mir einen echten. Aber am Ende scheißt, brütet und schreit der dann hier rum, und ich komme vom Klo in die Latrine.
Irgendjemand im großen, dummen Worldwide Web empfiehlt doch tatsächlich Buttersäure. Dabei hält den Gestank auch kein Mensch aus. Wenn wir schon bei Kamikazevorschlägen solchen Kalibers angekommen sind, kann ich genauso gut selbst auf den Balkon scheißen und sie so mit ihren eigenen Waffen schlagen. Na, wie schmeckt euch das, Freunde? Da seht ihr mal wie das ist, wenn jemand einem einfach in die Wohnung kackt. Also Abmarsch.
Für die ganz Verzweifelten unter uns habe ich noch konsequentere Tipps, denn was viele nicht wissen: Tauben sind überhaupt nicht feuerfest. Da liegt ihre Achillesferse, in die der genervte Balkonbesitzer seine Klinge stoßen kann. Denn das Gefieder ist überraschend leicht entflammbar. Eine gewaltige, gasgenährte Dauerflamme in der Loggia, und der Schadvogel hält Abstand – je größer das Feuer, desto weiter weg.
Und ich habe noch ein weiteres Ass im Ärmel: Tauben hassen Sprengstoff; besonders auf explodierenden reagieren sie geradezu hysterisch. Mit diesem schlichten, doch effektiven Mittel lassen sich die vermilbten Graukittel exzellent vergrämen. Mitten auf dem Balkon einfach mehrere Kilo TNT auf einmal oder auch in kleineren Portionen zu zünden, bewirkt wahre Wunder. Denn zum einen vertreibt der Knall die geräuschempfindlichen Tiere, und zum anderen erfahren die von der Detonation nicht selten in Stücke gerissenen Vögel dadurch eine signifikante Minderung ihrer Vitalitätsfunktionen. Ein positiver Nebeneffekt liegt darin, dass je nach Größe der Sprengladung auch der Balkon teilweise oder ganz zerstört wird und dadurch für überlebende wie nachfolgende Tauben unattraktiv gemacht wird.
Apropos „Nachfolgende“: Um ein Vielfaches nachhaltiger wird die Taubenabwehr, wenn man ihnen auch die Rückzugsräume nimmt, in denen sie sich vor dem Ausschwärmen sammeln können. Das betrifft zum Beispiel die Straßenbäume vor dem Haus, aber auch vor den Nachbarhäusern sowie natürlich die Nachbarhäuser selbst. Sprengt man nun großzügig das eigene Haus mitsamt dem ganzen Straßenzug, ist man die leidige Plage gleich für mehrere Tage los, in Kombination mit der Methode Feuer sogar bis zu einer Woche.
Danach muss man allerdings von vorne anfangen, denn die hartnäckigen Biester kommen zurück, um auf die erkalteten Trümmer zu scheißen. Natürlich könnte man es stattdessen auch mit so einem Gerät versuchen, dass permanent für den Menschen unhörbare Töne ausstößt. Aber die kosten über siebzig Euro und bringen wahrscheinlich wenig.
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