Ukraine: Erfolg für Julia Timoschenko
Ukraine: Oppositionsführerin erstreitet Registrierung ihrer Partei für Parlamentswahlen.
BERLIN taz Die ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko und ihre Partei "Block Julia Timoschenko (BJUT) dürfen nun doch bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 30. September antreten. Ein Verwaltungsgericht in Kiew forderte am Dienstag die Zentrale Wahlkommission auf, BJUT zu registrieren. Dieses hatte die Kommission, die mehrheitlich von Anhängern des Regierungschefs und Timoschenko-Widersachers Wiktor Janukowitsch besetzt ist, BJUT am vergangenen Samstag verweigert. Zur Begründung hieß es, die Partei habe nur unzureichende Angaben zu den Wohnorten ihrer Kandidaten gemacht.
Timoschenko hatte die Entscheidung der Kommission als eindeutig "politisch motiviert" bezeichnet und einen Gang vor das Gericht angekündigt. An den folgenden Tagen hatten hunderte von BJUT-Anhängern vor dem Sitz der Wahlkommission demonstriert und diese aufgefordert, ihre Entscheidung zurückzunehmen.
Der Einigung auf vorgezogenen Neuwahlen vom vergangenen Frühjahr war eine monatelange Blockade zwischen Regierung und Parlament sowie dem Staatschef vorausgegangen. Einen vorläufigen Höhepunkt hatte die Krise im April erreicht, als Staatspräsident Wiktor Juschtschenko das Parlament mit der Begründung auflöste, Janukowitsch habe durch das Abwerben von Abgeordneten anderer Parteien versucht, sich eine Zweidrittelmehrheit zu verschaffen. Dieses komme dem Versuch gleich, sich widerrechtlich Machtbefugnisse anzueignen. Nach anfänglichem Widerstand und der kurzzeitigen Gefahr eines Eingreifens des Militärs hatte Janukowitsch schließlich dem Kompromiss zugestimmt.
Doch ob die Wahl einen Neuanfang ermöglicht, ist fraglich. Letzten Umfragen zufolge dürfte sich an der Zusammensetzung des Parlaments nur wenig ändern. So würde die Partei der Regionen von Janukowitsch mit 30 bis 33 Prozent erneut stärkste Fraktion werden gefolgt von BJUT mit 14 bis 17 sowie der Partei "Unsere Ukraine" von Juschtschenko mit 13 bis 15 Prozent. Als vierte Kraft können die Kommunisten hoffen, die 3-Prozent-Hürde zu überspringen.
Der jüngste Streit um die Zulassung von BJUT könnte juristisch jedoch noch nicht ausgestanden sein. Zwar begrüßte die Zentrale Wahlkommission die Entscheidung, wies aber auf das Recht der Kommission hin, das Appellationsgericht anzurufen. Derweil sprechen Experten in Kiew schon von einem "neuen Krieg der Gerichte". "Sollte die Zentrale Wahlkommission ihre Entscheidung revidieren, gibt es ein großes Risiko, dass ihre Entscheidungen auch in Zukunft in einer solchen Weise korrigiert werden, das heißt auch bei den Ergebnissen der Wahl", sagte der Politikwissenschaftler Wladimir Fesenko der Internetzeitung Ukrainska Prawda. "Da stellt sich doch die Frage, wer künftig über den Wahlprozess entscheidet: die Wahlkommission oder die Gerichte."
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