Uefa-Geld an russische Vereine: Kurzpassspiel mit dem Aggressor
Russische Vereine profitieren von Zahlungen der Uefa. Die Ukraine dagegen geht bei den Solidaritätszahlungen leer aus.

Damit auch Klubs, die sich für keinen internationalen Wettbewerb qualifiziert haben, an den irrwitzigen Einnahmen der Uefa teilhaben können, fließen jährlich Millionenbeträge als sogenannte Solidaritätszahlungen an die weniger erfolgreichen Klubs aus den Spitzenligen der Mitgliedsverbände. Die Ukraine indes wurde in den vergangenen Spielzeiten nicht bedacht. Am 16. Juni hatte sich deshalb die ukrainische Premier League in einem Schreiben an die Uefa gewandt.
In deutlichen Worten schilderte der Ligaverband die Lage der Klubs: „Ukrainische Klubs arbeiten unter extremen Kriegsbedingungen. Die Mittel sind begrenzt und der Spielbetrieb muss immer wieder unterbrochen werden. Vor diesem Hintergrund sind die Solidaritätszahlungen ein strategisches Instrument, um die Entwicklung des heimischen Fußballs auf lange Sicht sicherzustellen.“
Nun berichtet die englische Tageszeitung The Guardian, dass die Uefa die Verweigerung der Zahlungen mit den kriegerischen Handlungen in der Ukraine begründet. Fünf betroffene Klubs, Tschornomorez Odessa, Real Pharma Odessa, Metalurg Saporischschja, das längst aus seiner Ursprungsstadt vertriebene Phoenix Mariupol und Metalist Charkiw haben demnach in einem Schreiben an die Uefa geschildert, wie die Kommunikation mit dem europäischen Dachverband gelaufen ist.
Keine Zahlungen ins Kriegsgebiet
In dem Schreiben heißt es: „Im Zuge unserer Kommunikation mit dem Nationalverband und den Uefa-Funktionären wurde uns mitgeteilt, dass das Hindernis für die oben genannten Zahlungen völlig unklare Anforderungen einer Bank in der Schweiz sind, die angeblich mit der geografischen Lage der Fußballvereine im ‚Kriegsgebiet‘ zusammenhängen.“
Während die Klubs aus dem von Russland überfallenen Land keine Zahlungen erhalten, weil sie das Pech haben, in einem Land beheimatet zu sein, das sich in einem Krieg verteidigen muss, kassieren russische Klubs weiter, obwohl das Land des Aggressors von allen sportlichen Wettbewerben ausgeschlossen ist. Über 10 Millionen Euro sind so seit Kriegsbeginn nach Russland geflossen.
Auch wenn die Uefa den Bann gegen russische Klubs vor zwei Monaten verlängert hat, ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass Russland nach wie vor Einfluss nimmt auf die Entscheidungen des Verbands. 2023 hatte die Uefa beschlossen, russische Jugendteams zu internationalen Wettkämpfen wieder zuzulassen.
Zuvor hatten russische Medien von konstruktiven Gesprächen der Uefa mit Funktionären des russischen Fußballverbands berichtet. Erst der Protest einzelner Mitgliedsverbände, gepaart mit Boykottdrohungen, bewog die Uefa dazu, den Beschluss wieder rückgängig zu machen. Immer wieder sieht sich der ukrainische Fußballverband gezwungen, auf Vorgänge aufmerksam zu machen, die den Verdacht erwecken, Russland schleiche sich wieder heran an den europäischen Fußball.
Belastetes Verhältnis zur Ukraine
In der Uefa kommt das alles andere als gut an. Längst scheinen die Ukrainer als Nervensägen verschrien zu sein. Und so wunderte sich niemand, als im April, bei der Neuwahl der Uefa-Spitze auf dem Verbandskongress in Belgrad der ukrainische Bewerber krachend gescheitert ist. Dabei handelte es sich um keinen geringeren als Andrij Schewtschenko, den ehemaligen Superstar in Diensten des AC Mailand, der seit Januar 2024 Präsident des ukrainischen Fußballverbands ist.
In einem Statement, das auf der Website seines Verbands veröffentlicht worden ist, machte Schewtschenko deutlich, wie er die Wahlschlappe einordnet. „Leider erhielten wir in den letzten Tagen deutliche Signale, dass sowohl die Ukraine als auch ich persönlich aus politischen Gründen in der Uefa-Führung nicht willkommen sind.“
Ein Jahr zuvor hatte sich Schwetschenko als einer der wenigen auf dem Uefa-Kongress in Paris dagegen ausgesprochen, Uefa-Präsident Alexander Čeferin, dem eine gewisse Nähe zu Russland nachgesagt wird, die Tür zu einer weiteren Amtszeit zu öffnen, die über die in den Statuten festgeschriebene Höchstdauer hinausgeht.
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