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Uefa-Cup-Viertelfinale in HamburgSensationeller HSV

Der HSV erinnert beim 3:1 gegen die Multimillionen-Truppe von Manchester City an große Zeiten. Doch Trainer Jol ist mit dem Hinspiel unzufrieden. Zu viele Chancen wurden vergeben.

Den Spielern von Manchester City blieb oft nur noch die Grätsche, wie hier Micah Richards gegen den Hamburger Ivica Olic. Bild: reuters

HAMBURG taz Bevor die Fußballprofis den Spielertunnel in der Arena im Hamburger Volkspark betreten, sehen sie über ihren Köpfen ein Bild. Es zeigt rechts Spieler wie Torwart Uli Stein und Thomas von Heesen, eine Deutsche Meisterschaft feiernd, in der Mitte werden die Titel des Hamburger SV aufgezählt. Links schließlich küsst Felix Magath, noch mit vollem Haupthaar ausgestattet, den Europapokal der Landesmeister, den der Klub 1983 gegen Juventus Turin an die Elbe holte.

Eine kleine Ewigkeit sind die Szenen her, sie zeigen ein Stück Fußballgeschichte, an das der HSV seitdem nie wieder anknüpfen konnte. Die Art und Weise, wie der HSV im Viertelfinalhinspiel des Uefa-Cups Manchester City mit 3:1 (1:1) überrollte, lassen jedoch nicht nur die Fans von neuen Titeln und Jubelbildern träumen.

"Das war sensationell", sagte HSV-Kapitän David Jarolim. "Unser bestes Spiel seit langem." Wie der HSV auf den frühen Rückschlag, den Gegentreffer nach nur 36 Sekunden, mit wütenden Angriffen reagierte, war tatsächlich bemerkenswert.

Schon bevor Joris Mathijsen nach einer Ecke per Kopfball ausglich (9. Minute), besaß der HSV drei hochkarätige Chancen, und schon zur Pause hätten die furiosen Gastgeber, von 50.500 enthusiastischen Zuschauern angetrieben, mit zwei oder drei Toren führen müssen.

Das kaltschnäuzige Selbstbewusstsein, mit der die HSV-Profis dem hochkarätig besetzten Team aus der Premier League begegneten, imponierte Trainer Martin Jol. Mit der bangen Frage, die er sich vor dem Anpfiff gestellt hatte, ob seine Spieler auf Stars wie Robinho vielleicht zu ehrfürchtig reagieren würden, hielten sich Pjotr Trochowski oder Ivica Olic nämlich gar nicht lange auf. Sie stürmten, sie gingen aggressiv in die Zweikämpfe, sie stürzten die verdutzten Engländer von einer Verlegenheit in die nächste - und demonstrierten dabei die hohe Kunst, die Balance zwischen Offensive und Defensive nicht zu gefährden. Nur noch einmal, als Graig Bellamy vor dem HSV-Tor auftauchte und HSV-Keeper Frank Rost parierte (28.), bestand Gefahr im HSV-Strafraum. Ansonsten herrschte der HSV.

Trotz der guten Ausgangslage in der Meisterschaft und im DFB-Pokal, der sieben Wochen vor Saisonende immer noch ein Triple denkbar erscheinen lässt, hatte der HSV spielerisch in den letzten Wochen kaum einmal überzeugt. Diesmal aber war es ein Fußballfest, wie es die lange darbenden HSV-Fans seit Jahren nicht zu sehen bekamen: Trochowski etwa spielte groß auf, zudem produzierte fast jeder Freistoß, den der 25-Jährige schoss, große Hektik beim Gegner. Auch Flügelstürmer Jonathan Pitroipa umtänzelte die Abwehrspieler leichtfüßig. Und doch reichte es nach der Pause eben nur noch zu zwei weiteren Treffern durch den überragenden Trochowski, der einen Handelfmeter verwandelte (63.), und den eingewechselten Angreifer Paolo Guerrero (79.).

"Ein schöner Sieg, den wir aber nicht überbewerten sollten", warnte daher Torwart Rost, man werde diesen Abend "richtig einordnen". Und auch Jols düsterer Blick passte nicht so recht in das Bild der strahlenden Geschichte. Dass sein Team die Chance verpasst hatte, bereits die Entscheidung zu erzwingen, nervte ihn spürbar. "Wir waren noch nicht zu produktiv", kritisierte Jol. "Wir hatten sechs, sieben Chancen in der ersten Halbzeit, da müssen wir mehr Tore machen." So aber bleibt die Qualifikation für das erste HSV-Halbfinale seit 1983 noch ungewiss. "Wenn die wieder ein so schnelles Tor schießen, wird es schwierig", mahnte Jol brummend. "Ich bin erst zufrieden, wenn wir weiterkommen."

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