Überzeugungen eines Energiechefs: Das große Ganze im eigenen Garten
Der Boss von ExxonMobil ist fürs Fracking. Eigentlich. Uneigentlich ist er es nicht mehr, wenn die Förderung in seiner Nachbarschaft passiert.
BERLIN taz | Rex Tillerson ist der Vorstandsvorsitzende von ExxonMobil. Der Mineralölkonzern ist einer der Hauptakteure beim Fracking, der Fördermethode für Öl und Gas, bei der Wasser und Chemikalien unter hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten gepresst werden. Tillerson sagt, die Menschen müssten, einer nach dem anderen, Stadt für Stadt, davon überzeugt werden, dass etwaige Risiken kontrollierbar seien.
Jetzt scheint es, als müsse er mit der Überzeugungsarbeit zuallererst bei sich selbst anfangen. Nach Berichten des Wall Street Journal steht neben seiner Ranch in Bartonville in Texas neuerdings ein knapp 50 Meter hoher Wasserturm, der Frackingunternehmen in der Gegend versorgen soll.
Eine Gruppe von Anwohnern klagt gegen den Bau des Turms und führt als Begründung auch Argumente gegen die umstrittene Fördermethode an. Im Bezug auf die Klage in Bartonville wird Tillerson mit den Worten zitiert, es gehe ihm nicht um das Fracking an sich, sondern um den Wert seines Grundstücks. Dieser werde durch die Aussicht auf den Turm und den zu erwartenden Lkw-Verkehr der Fracking-Unternehmen gemindert.
Der ExxonMobil-Chef scheint vergessen zu haben, dass nach seiner eigenen Aussage stets nur wenige Menschen durch Fracking beeinträchtigt würden. In der Perspektive auf das große Ganze machten sie keinen Unterschied. Demzufolge sollte der Wert eines 0,3-Quadratkilometer-Grundstücks irgendwo in Texas für das große Ganze nun wirklich keine Rolle spielen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann