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Überwachungstechnik in GefängnissenBosch hofiert Chinas Knäste

Bosch wirbt in China für seine Überwachungstechnik in Gefängnissen. Angesichts der Knäste findet die Tibet-Organisation ICT das „beschämend“.

Mit Bosch entkommt niemand. Bild: screenshot Bosch-Werbevideo

PEKING taz | Deutsche Firmen machen in China Bombengeschäfte. Doch zuweilen holt sie die chinesische Realität ein. Dazu gehören die systematischen Menschenrechtsverletzungen. Vor einigen Wochen geriet der Daimler-Konzern in die Schlagzeilen, nachdem herauskam, dass Mercedes-Benz in Peking Werbung für Propagandaveranstaltungen der Kommunistischen Partei macht. Nun steht die Bosch GmbH am Pranger.

Die International Campaign for Tibet (ICT) wirft dem schwäbischen Technologieriesen und Autozulieferer vor, chinesischen Gefängnissen gezielt Sicherheits- und Überwachungstechnik anzubieten. China sei ein autoritär regierter Staat ohne unabhängige Justiz, kritisiert Kai Müller, Sprecher der Menschenrechtsorganisation: Der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo sitze in einem chinesischen Gefängnis. Tibeter würden sich aus Protest gegen Repressionen anzünden. Angesichts dessen sei „eine solche Geschäftstätigkeit in China beschämend“.

Bosch bewirbt auf seiner chinesischsprachigen Webseite unter anderem mit Kurzvideos seine Produkte „AutoTrack“ und „AutoDome“. Dabei handelt es sich um eine moderne Überwachungskameratechnik speziell für Gefängnisse und Sicherheitseinrichtungen, die Bewegungen erkennt und Verdächtige auf Schritt und Tritt verfolgen kann.

Derzeit findet in Peking die „Security China 2012“ statt, eine vom Ministerium für Öffentliche Sicherheit organisierte Messe, die von chinesischen Sicherheits- und Justizbehörden besucht wird. Auch dort wirbt Bosch für seine Techniken.

Die Tibet-Organisation ICT hat Bosch nun aufgefordert, den Vertrieb von Gefängnisausrüstung in China unverzüglich einzustellen und Auskunft darüber zu geben, wie viele chinesische Gefängnisse Bosch bislang ausgerüstet hat. Insbesondere will ICT wissen, ob Techniken des Unternehmens auch in Gefängnissen in Tibet zum Einsatz kommt.

Das Waffenembargo greift hier nicht

„Wir haben kein chinesisches oder tibetisches Gefängnis mit unseren Sicherheitsprodukten ausgestattet“, sagt eine Sprecherin der Bosch-Sicherheitssysteme GmbH der taz. Bei den Filmen auf der Webseite handele es sich um Trailer, „die wie vieles andere Werbematerial zentral erstellt und dann in viele unterschiedliche Sprachen übersetzt“ worden seien.

Angesprochen werden sollten mit der chinesischen Webseite auch Länder wie Singapur und Taiwan, in denen ebenfalls Chinesisch gesprochen werde. Die Sprecherin betont, dass Bosch ein werteorientiertes Unternehmen sei. Dazu zähle auch die Einhaltung der Menschenrechte. Doch dementiert sie nicht, dass Bosch seine Überwachungstechnik nach China verkaufen will, wenn dortige Gefängnisse sie haben wollen.

Die Europäische Union verhängte nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 in Peking ein Waffenembargo gegen China. Überwachungstechnik fällt aber nicht darunter. Doch kritisierte die Bundesregierung wiederholt die drakonischen Strafen gegen Dissidenten und Menschenrechtsverteidiger in der Volksrepublik.

Europäische Unternehmen würden in China immer häufiger durch Anbiederung und sogar durch Komplizenschaft mit dem Regime in Peking auffallen, beklagt Müller von ICT. Unternehmen wie Bosch seien jedoch verpflichtet, menschenrechtliche Prinzipien zu achten und zu fördern: „Wenn Bosch chinesische Gefängnisse mit seiner Technik umwirbt, trägt das Unternehmen Mitverantwortung für Menschenrechtsverletzungen in China“, so Müller.

Die Bosch-Gruppe machte 2011 in China 6,7 Milliarden US-Dollar Umsatz. Damit zählt die Volksrepublik zu Boschs wichtigsten Märkten.

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11 Kommentare

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  • W
    Wolfgang

    Zu: @ "flashman"

     

    Die deutschen Antikommunisten und die chinesische Administration der "Bourgeoisie stellt sich die Welt, worin sie herrscht, natürlich als die beste Welt vor. Der Bourgeoissozialismus arbeitet diese tröstliche Vorstellung zu einem halben oder ganzen System aus. Wenn es das Proletariat auffordert, seine Systeme zu verwirklichen und in das neue Jerusalem" der Haftanstalten harmonischer Prägung "einzugehn, so verlangt er im Grunde nur, dass es in der jetzigen Gesellschaft stehenbleibe, aber seine gehässigen Vorstellungen von derselben abstreife. {...} Zellengefängnisse! im Interesse der arbeitenden Klasse: das ist das letzte, das einzige ernst gemeinte Wort des Bourgeoissozialismus." - So in Deutschland der (A)"Sozialen Marktwirtschaft" und in EU-Europa, so in den USA und deren Import-Export-Bourgeoissozialismus harmonischer und internationaler Prägung.

     

    Empfehlung:

    Karl Marx und Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei.

     

    Trotz alledem!

  • AS
    Andi Schreiber

    "Die Landtagswahl im nächsten Jahr, die wird genau die Befragung der Bürger über die Zukunft Baden-Württembergs sein, über 'Stuttgart 21' und viele andere Projekte mehr... "

     

    Das war Angela Merkels weitsichtige Antwort auf die Forderungen nach einer Volksabstimmung über 'Stuttgart 21' im Herbst 2010. Nach der verlorenen Landtagswahl aber hat die Kanzlerin das interne Angebot der Bahn-AG zum Projektausstieg nicht angenommen.

    Spätestens in diesem Herbst, als Merkel dem glücklosen OB-Kandidaten der CDU auf dem Stuttgarter Marktplatz versucht hatte das Wort zu reden und dabei von der aufgebrachten Menge so dermaßen niedergepfiffen wurde, musste sie erkennen, wie nachhaltig der Schwaben Unmut über den schwarzen Sumpf doch ist.

     

    Die um ein Jahr vorgezogene Vertragsverlängerung für Bahnchef Grube weist jedoch nicht auf Schadensbegrenzung hin, sondern darauf, den starrsinnigen Kurs für den nachgewiesenen Kapazitätsrückbau 'Stuttgart 21' weiter zu fahren. Die Weichen stehen auf Entgleisung.

  • F
    flashman

    Was für ein Humbug!

    Die Sicherheitstechnik von Bosch ermöglicht keine Menschenrechtsverletzungen in China; genausowenig wie die Waffen des Gefängnispersonals, der Wagen des Gefängnisdirektors, die Betten und Matrazen der Zellen, die Schliessysteme der Türen, der mit Windows betriebene PC der Gefängnisverwaltung - alles Produkte, die auch in Deutschland oder woanders ausserhalb von China produziert werden.

    Diese Forderung ist lächerlich und naiv.

  • AS
    Andi Schreiber

    Der Rote Bosch

     

    Das Video von Bosch-Security vermitteln den Anschein, dass das sterile Umfeld der Vollzugsanstalt und der playmobilmäßige Betriebsablauf so schon OK ist und auf einer rechtsstaatlichen Grundlage steht.

     

    Das Bedienen von Unrechtsstaaten mit Produkten, durch welche Zwang auf deren Bevölkerung ausgeübt wird, bleibt höchst problematisch.

    Es geht einfach nicht, dass Friedensnobelpreisträger, Menschenrechtsaktivisten oder unliebsame Kleinbauern von Big Brother Bosch kontrolliert werden.

     

    Werkschutz auf Zack: Leider ist das entlarvende Video seit gestern Abend nicht mehr abrufbar!

  • AS
    Andi Schreiber

    Der Rote Bosch

     

    Die Videos von Bosch-Security (durch Austausch der Ziffer nach dem 'S' in der URL sind auch die Folgen 2-4 zu sehen) vermitteln den Anschein, dass das sterile Umfeld der Vollzugsanstalt und der playmobilmäßige Betriebsablauf so schon OK sind und auf einer rechtsstaatlichen Grundlage stehen.

     

    Das Bedienen von Unrechtsstaaten mit Produkten, durch welche Zwang auf deren Bevölkerung ausgeübt wird, bleibt höchst problematisch.

    Es geht einfach nicht, dass Friedensnobelpreisträger, Menschenrechtsaktivisten und unliebsame Kleinbauern von Big Brother Bosch kontrolliert werden.

  • A
    anonymous

    Dem Kapitalismus sind Menschenrechte egal. Alles was zählt ist die Geldmaximierung.

  • KK
    Karl K

    Geht's schon wieder los? - aus lauter Gier?

    Mit der dümmsten Ausrede der Welt -

    "…ätschibätschi - Kameras sind keine Waffen!"

     

    "Die Bosch-Tochter Dreilinden Maschinenbau GmbH war ein Rüstungsbetrieb in Kleinmachnow. Sie setzte Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge ein, darunter viele Frauen aus dem Warschauer Aufstand."

     

    Meine Fresse, könnt ihr den Hals wieder nicht voll kriegen?

    wollt ihr wirklich an diese Firmentradition wieder anknüpfen!??

    Oder - ist euch das längst wieder so schmerzfrei gewohnt!?

    Und hört endlich auf - euch hinter dem Gesäusel

    von PressesprecherInnen zu verstecken!

  • VM
    Volker Müller

    Gibt es irgendeinen Grund, daß Firmen deutsche Gefängnisse mit Sicherheitstechnik ausstatten und chinesische nicht.

    Sicher wäre eine Gesellschaft ideal, in der es keine Gefängnisse gibt, aber das ist eine Utopie, bis zu deren Verwirklichung es noch lange hin ist.

     

    Es ist noch nicht lange her, daß urigurische Terroristen in Urumqi im Westen Chinas mehr als 100 Menschen umbrachten. Und auch tibetische Separatisten haben schon Bomben gelegt.

     

    Noch braucht China Gefängisse. Will die "ICT" Ausbrüche erleichtern? Oder was soll die Kampagne?

  • J
    Jan-Peter

    Besser Überwachungstechnik im Knast als nochmal "Abu-Graib"

    Un es ist doch nicht schlecht wenn germany secure -IT in china zu Einsatz kommt, denn so können wir immer mal sehwen wo Wer gerade einsitztn und Ihn oder Sie Rausholen !

    Ok,ich bin nach wochen gerade bei einer halben Flasche 2011er Grand Süd.

    Roter natürlich, daß wenn in China Geschäfte gemalcht werden sich entspechend verhalten muß ist ja wohl klar.

    Aber sonnst alles Lagolue.

    Natürlich wäre es besser Erst die Unrechtsmauer ein zu reißen, ode gleich in die Luft zu Jagen, doch jetzt wo die ^PRC> ihren ersten Carrier hat wirds auch n icht einfacher

    GJP™

  • RS
    Reinhold Schramm

    Aufklärung vs. Antikommunismus!

     

    Bei der "KP Chinas" handelt es sich um eine antikommunistische und liberal-sozialdemokratische Konvergenzpartei der nationalen Administration und Bourgeoisie Chinas, um die Partei des Bourgeoissozialismus internationaler Prägung. Um die antikommunistische Partei und Administration der internationalen Finanz- und Monopolbourgeoisie, der nationalen und internationalen Bourgeoisie und (Groß-)Aktionäre in China.

     

    Auch die Umbenennung der deutschen Liberalen, der "Freien Demokratischen Partei" (FDP), in eine 'Kommunistische Partei', würde aus den FDP-Liberalen keine (deutsche) "Kommunistische Partei" machen.

     

    Aufwachen, deutscher und europäischer Medien-Michel!

     

    Trotz alledem!

  • UI
    Und ihr?

    Die "Linkspartei" hofiert die Knastbetreiber. Die taz hofiert die "Linkspartei". Die zahlt gut.