Überwachung in England: Cameron, das Trüffelschwein

Der englische Premier will im Eilverfahren ein Gesetz für die Vorratsdatenspeicherung schaffen. Bedrohung wittert er von Pädophilen, Isis und al-Shabaab.

Weder Trüffelschwein, noch David Cameron – bringt aber die Zeitung mit schlechten Nachrichten von der Insel Bild: ap

DUBLIN taz | Großbritannien bekommt ein neues „Schnüffelgesetz“. Premier David Cameron will im Eilverfahren eine legale Basis für die Speicherung von Vorratsdaten schaffen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im April den Zugriff des Staates auf die Daten der Bürger beschränkt.

Ohne ein neues britisches Gesetz, so warnte Innenministerin Theresa May, bestünde die Gefahr, dass man „über Nacht“ an diese Daten nicht mehr herankäme. „Die Folge wäre, dass polizeiliche Ermittler plötzlich im Dunkeln stünden und Kriminelle ihrer Strafe entgehen“, fügte sie hinzu.

Um sich die Unterstützung des Koalitionspartners Liberale Demokraten und der oppositionellen Labour Party zu sichern, musste Cameron Kompromisse eingehen. So soll das Gesetz bis 2016 begrenzt und danach evaluiert werden. Außerdem muss jedes Jahr veröffentlicht werden, wie viele Daten gesammelt wurden. Nur bestimmte Daten dürfen gespeichert werden.

Eine neue Aufsichtsbehörde soll Auswirkungen von Anti-Terror-Gesetzen auf die Bürgerrechte und die Privatsphäre untersuchen. Bisher dürfen rund 600 Behörden auf die gespeicherten Daten zugreifen. Diese Zahl soll beschränkt werden.

Bürgerrechtler kritisieren das Gesetz

All diese Kompromisse stehen jedoch nicht im Gesetz. „Unsere Sicherheit ist ernsthaft bedroht vom organisierten Verbrechen, von Pädophilen, vom Zusammenbruch Syriens, von Isis im Irak und al-Shabaab in Ostafrika“, sagte der Premier.

Die „Data Retention and Investigation Powers Bill (Drip)“, wie das neue Gesetz heißt, verpflichtet Internet- und Telefonunternehmen, wie bisher E-Mails, Textnachrichten und Daten über Telefonverbindungen für zwölf Monate zu speichern. „Einige Unternehmen sagten, dass sie nicht länger mit uns kooperieren können, wenn die britische Rechtslage nicht geklärt wird“, behauptet Cameron.

In Wirklichkeit hat keins dieser Unternehmen angekündigt, diese Daten aufgrund der Rechtsunsicherheit zu löschen. Die Regierung hat ihnen seit 2009 rund 65 Millionen Pfund für die Speicherung bezahlt. Bürgerrechtsorganisationen monieren, Cameron wolle ein diskreditiertes Gesetz neu auflegen.

Shami Chakrabati von der Organisation Liberty sagte: „Die Regierung behauptet, sie stopfe lediglich Schlupflöcher, aber ihre bisherige Generalüberwachung ist vom EuGH als rechtswidrig verurteilt worden. Dieses Urteil soll nun ignoriert werden. Es geht ihnen um Überwachung von allen Bürgern.“ Das Gesetz soll am Montag durch das Unterhaus gejagt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.