Überwachung der Linken: „Offiziell wurde ich nicht unterrichtet"
Die Linke-Politikerin Petra Pau soll nicht länger vom Verfassungsschutz beobachtet werden. In vier Wochen wird ihre Klage gegen die Beobachtung verhandelt.
taz: Frau Pau, es heißt, Sie würden nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet. Fühlen Sie sich jetzt erleichtert?
Petra Pau: Die Behauptung, ich würde nicht mehr beobachtet, höre ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube. Schließlich wurde ja auch immer beteuert, dass über mich nur registriert wird, was ohnehin zugänglich ist. Als ich dann meine wegen „Quellenschutzes“ geschwärzten Akten einsehen konnte, kam ich zu dem Schluss, dass man mich natürlich mit geheimdienstlichen Mitteln beobachtet hat.
Wie haben Sie eigentlich erfahren, dass Sie möglicherweise nicht mehr beobachtet werden?
Offiziell wurde ich dazu nicht unterrichtet. Mich erreichte aber Mitte 2012 auf mein Auskunftsersuchen die Mitteilung, dass alles, was im Jahr 2011 über mich erfasst wurde, nicht mehr benötigt und deswegen nun gelöscht werden könnte. Bedingung war aber, dass ich nicht mehr gegen die Bundesrepublik, gegen meine Beobachtung klage. Diese Klage habe ich aber nicht zurückgezogen – sie wird in vier Wochen vor dem Kölner Oberverwaltungsgericht verhandelt.
Statt 27 sollen jetzt 25 Bundestagabgeordnete auf der Liste stehen. Wissen Sie, um wen es sich handelt?
Nein.
, 49, ist Vizepräsidentin des Bundestages und sitzt für die Linke im NSU-Ausschuss. Sie soll eine der acht Linken-Abgeordneten sein, deren Beobachtung beendet wurde.
Welche Auswirkungen hat das Wissen, beobachtet zu werden, auf Ihre Arbeit?
Erst kürzlich saß in meiner Sprechstunde wieder eine Bürgerin, die in einer verzweifelten Situation war und Hilfe von mir erhoffte. Ihre erste Frage aber war: „Was schreibt der Verfassungsschutz jetzt mit?“ Das ist die Folge der Überwachung – sie wird als Instrument gegen politische Konkurrenten eingesetzt. Das ist nicht akzeptabel.
Gibt es Solidarität mit Ihnen aus anderen Fraktionen?
Im NSU-Ausschuss, dem ich angehöre, fragt man sich parteiübergreifend: Was treibt dieser Verfassungsschutz eigentlich? Das komplette Infragestellen der Behörde habe ich noch nicht wahrgenommen. Ich denke aber, das muss die Schlussfolgerung sein aus all den Skandalen der letzten Jahre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste