Übergriffs-Vorwurf gegen US-Richter: Trumps Kandidat unter Druck
Eine Professorin wirft Trumps Kandidaten für das Oberste Gericht versuchte Vergewaltigung vor. Brett Kavanaugh bestreitet den Vorwurf.
Aber bekannt ist sie erst jetzt: Sie ist die Frau, die dem von US-Präsident Donald Trump als Oberstem Richter nominierten Brett Kavanaugh vorwirft, er habe sie 1982 zu vergewaltigen versucht.
Bereits im Juli hatte sie sich mit einem Brief an Senatorin Diane Feinstein gewandt, die als ranghöchste Demokratin im Justizausschuss des Senats sitzt. Erst Ende vergangener Woche wurde der Vorwurf öffentlich bekannt.
Wie genau es kam, dass JournalistInnen den Namen von Blasey Ford erfuhren, ist noch unklar: Sicher ist wohl, dass sie der Washington Post ein Interview gab, um die Initiative in der Hand zu behalten. Dort schildert sie die Ereignisse jenes Abends im Jahr 1982 in Montgomery County in Maryland, wo sie und Kavanaugh zur Prepschool gingen, als Vorbereitung auf die Hochschule.
Aufs Bett gedrückt, Mund zugehalten
Ein sturzbetrunkener junger Kavanaugh habe sie bei einer Privatparty auf ein Bett gedrückt, ihr den Mund zugehalten und versucht, ihr die Kleider herunterzureißen. „Ich dachte, er würde mich womöglich aus Versehen umbringen“, sagt sie. Ein ebenfalls betrunkener Freund Kavanaughs habe ihn von ihr heruntergezogen. Sie habe sich zunächst in einem Badezimmer eingeschlossen und sei schließlich aus dem Haus geflohen.
Erst 2012, im Rahmen einer Paartherapie mit ihrem Ehemann, habe sie erstmals jemandem von dem Vorfall erzählt, unter dessen Folgen sie lange gelitten hatte. Notizen des Therapeuten sind ebenfalls in der Post veröffentlicht. Darin fällt Kavanaughs Name nicht, die Täter werden nur als „hochangesehene und hochrangige Mitglieder der Washingtoner Gesellschaft“ beschrieben.
Sowohl Kavanaugh als auch der Freund bestreiten den Vorwurf entschieden. Im Justizausschuss allerdings, besetzt mit elf Republikanern und zehn Demokraten, sorgt er für Aufregung. Eigentlich ist die Anhörung des Kandidaten dort abgeschlossen, an diesem Donnerstag sollte abgestimmt werden. Im Falle der Zustimmung ginge der Vorschlag ans Senatsplenum. Dort sind die Republikaner auch in der Mehrheit .
Warum erst jetzt?
Jetzt wollen die Demokraten im Ausschuss die Entscheidung verschieben, mindestens ein Republikanischer Senator scheint da mitzugehen – das würde reichen.
Warum hat Senatorin Feinstein den Vorwurf nicht schon viel früher öffentlich gemacht? Sie selbst sagt, dass Blasey Ford aus Angst vor Reaktionen nicht wollte, dass der Vorwurf coram publico diskutiert wird. Andere meinen, Feinstein habe es für taktisch geschickter gehalten, Kavanaugh nicht aufgrund solcher Vorwürfe, sondern rein politisch zu attackieren.
Und wieder andere glauben, dass der Zeitpunkt so spät wie möglich gewählt wurde, um den Kandidaten zum Rückzug zu zwingen, aber bis zu den Kongresswahlen am 6. November nicht genug Zeit für einen neuen Kandidaten zu lassen. Sollten dann die Mehrheiten verändert sein, könnte doch ein Kippen des Obersten Gerichts nach rechts verhindert werden.
Trump hält sich zurück – noch
Was Christine Blasey Ford darüber denkt, kann man nur ahnen: Sie ist registrierte Demokratin. Auch Präsident Donald Trump, sonst nie um einen schnellen Twitter-Kommentar verlegen, hat sich zu den Vorwürfen gegen seinen Kandidaten noch nicht geäußert.
Ein einziges Mal, so scheint es, hält er sich an die Hinweise enger Berater. Die hatten ihn laut New York Times dringend davor gewarnt, irgendeine Stellungnahme abzugeben – sonst würden sofort das knappe Dutzend Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen ihn selbst wieder hochkommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos