USA gegen Wole Soyinka: Nobelpreisträger gegen Nicht-Nobelpreisträger
Nigerias Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka soll sein US-Visum abgeben. Dabei hat er schon zu Trumps erster Amtszeit darauf verzichtet.
Donald Trumps Gegner werden immer illustrer. Wole Soyinka, der berühmteste Schriftsteller Nigerias und der große alte Mann der afrikanischen Literatur, hat keine Einreiseerlaubnis mehr für die USA, wo er jahrzehntelang gelebt und gearbeitet hat. Wie der 91-Jährige auf einer Veranstaltung mit dem selbsterklärenden Titel „Unending Saga: Idi Amin in Whiteface“ in Lagos am Dienstag enthüllte, ist sein US-Visum gecancelt worden. „Ich bin offensichtlich ausgesperrt aus den Vereinigten Staaten“, sagte Soyinka und las das Schreiben des US-Konsulats in Lagos vor, das am Mittwoch schließlich auch die ihm nahestehende nigerianische Tageszeitung Guardian veröffentlichte.
Das B1/B2-Visum vom 2. April 2024 sei „nicht mehr gültig für den Einreiseantrag in die Vereinigten Staaten“, heißt es darin. „Zusätzliche Informationen“ seien seit seiner Ausstellung ans Licht gekommen. „Wir fordern Sie auf, Ihr Visum zum US-Generalkonsulat Lagos zwecks physischer Entwertung zu bringen. Um einen Termin zu buchen, mailen Sie bitte an LagosNIV@state.gov.“ Die Idee, dass er persönlich um einen Termin bittet, um sein Visum nicht mehr benutzen zu dürfen, erheiterte den Schriftsteller sehr. „Ich mag Leute mit Humor“, schmunzelte er auf seiner Veranstaltung und stellte klar, er wolle sowieso nicht mehr in die USA.
Wole Soyinka ist Behördenwillkür gewohnt, als Chronist Nigerias seit vor der Unabhängigkeit 1960. Durch eine Serie autobiografischer und fiktionaler Romane und Theaterstücke hat der Schriftsteller aus dem südwestnigerianischen Yoruba-Volk das Abgleiten seiner Heimat in Diktatur und Gewalt für die Nachwelt festgehalten, mit beißendem Humor und einem zutiefst menschlichen Blick.
1986 holte er dafür den Literaturnobelpreis, als erster afrikanischer Schriftsteller. Die grausame Militärherrschaft von General Sani Abacha (1993–98) zwang ihn ins Exil in die USA, wo er Gastprofessuren innehatte und eine Green Card erwarb, also einen unbefristeten Aufenthaltstitel, die er auch nach seiner Rückkehr in die demokratisierte Heimat behielt. Erst als Donald Trump 2016 zum US-Präsidenten gewählt wurde, schnitt er sie in Stücke, aus Protest.
Grüne Chilis und ein Bad im Pool
Dass er überhaupt noch ein Visum hatte, lag an einer US-Steuerprüfung, enthüllte Soyinka jetzt in Lagos. Aber welche „zusätzlichen Informationen“ das US-Konsulat jetzt zum Entzug des Visums bewogen haben könnten, sei ihm ein Rätsel. Einmal, erinnerte er sich, hatte er beim Flug aus London in die USA verbotenerweise grüne Chilis in der Tasche. Und einmal sei er in einem Hotel in Atlanta mit einem rassistischen Portier aneinandergeraten und im Pool gelandet, die Polizei wurde gerufen und er habe sich da wohl widersetzt. „Das sind die einzigen beiden Verbrechen.“
Aber so weit zurück habe das US-Außenministerium sicher nicht sein Leben durchforstet, und so sei der wahre Grund wohl, dass er Donald Trump einmal einen „weißen Idi Amin“ genannt habe – Idi Amin, blutrünstiger Diktator von Uganda in den 1970er Jahren, ist zum Inbegriff afrikanischer Schreckensherrschaft geworden. „Ich hätte gedacht, dass Trump sich freut“, so Soyinka; der Präsident müsse doch „stolz sein, wenn man ihn als erstklassigen Diktator bezeichnet“.
Am Ende sei Trump wohl doch nur ein Philosoph in der Tradition des alten Griechen Heraklit, dessen berühmter Satz „Alles fließt“ Trumps Wirken, nämlich alles Bestehende umzustoßen und logischerweise eben auch alle unbefristeten Visa zu canceln, am besten beschreibe. Soyinka fühlt sich nun inspiriert, ein Theaterstück über Trump zu schreiben. „Vielleicht geben sie mir dann mein Visum zurück.“ Dominic Johnson
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