USA erhalten Zugriff auf Passagierdaten: Wer hat uns verraten? Fluggastdaten!
Das Europäische Parlament macht's möglich: Die USA erhalten umfassenden Zugriff auf die Daten europäischer Passagiere, die in das Land fliegen.
BRÜSSEL taz | Wer in die USA fliegt, muss in Kauf nehmen, dass die Fluggesellschaften umfangreiche Passagierdaten an die amerikanischen Behörden weitergeben. Das Europäische Parlament hat gestern den Weg frei gemacht für ein entsprechendes Abkommen zwischen der EU und den USA.
„Dieses Abkommen ist der erste Schritt von einem Rechtsstaat zu einem Überwachungsstaat. Daten werden unabhängig von jedem Verdacht gespeichert und weitergegeben. Ich bin extrem enttäuscht“, sagte der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht nach der Abstimmung.
Die Daten sollen mindestens fünf Jahre gespeichert, aber bereits nach sechs Monaten anonymisiert werden. Allerdings dürfen sie mit einem richterlichen Beschluss auch in Fällen verwendet werden, in denen es nicht um Kampf gegen Terrorismus, sondern um andere schwere Verbrechen geht. Kritiker bemängeln außerdem, dass es keine unabhängige Prüfinstanz geben wird.
Die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström begrüßt das Ja des Parlaments: „Das Abkommen ist auf jeden Fall besser für die EU-Bürger als das bisherige. Es ist rechtlich bindend und damit klarer als die bisherigen Texte. Die Daten dürfen außerhalb des Antiterrorkampfs nur mit richterlicher Anweisung verwendet werden. Das ist ein Fortschritt. Außerdem haben wir Europäer mehr Möglichkeiten, den Amerikanern auf die Finger zu schauen“, sagte sie der taz.
Die EU-Kommission hat künftig das Recht, bei den amerikanischen Behörden vor Ort zu prüfen, ob der Datenschutz eingehalten wird. Das Abkommen gilt als Vorlage für weitere Vereinbarungen mit anderen Ländern. Zurzeit wird mit Kanada verhandelt. „Die Prinzipien werden überall die gleichen sein. Aber natürlich schauen wir uns jeden Fall noch einmal im Detail an“, sagt Malmström.
Einige Abgeordneten hatten beantragt, das Abkommen vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen, was die Mehrheit gestern abgelehnt hat. Es kann in Kraft treten, sobald die EU und die USA offiziell unterzeichnet haben. Das wird, so Malmström, nur wenige Monate dauern. Dann können sich noch einzelne Bürger gerichtlich gegen die Datenweitergabe wehren. Albrecht will eventuell wegen Verletzung der Europäischen Grundrechte-Charta klagen, die einen ordentlichen Datenschutz verspricht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga