US-Soldaten in Afghanistan: Vorwurf der Leichenschändung
Ein Video zeigt, wie US-Marinesoldaten auf Leichen urinieren. Das Marinekorps hat Ermittlungen aufgenommen.
WASHINGTON taz | Vier junge Männer in Uniformen der US-Marines sind auf einem Video zu sehen, wie sie auf drei am Boden liegende Leichen in Afghanistan urinieren. Aus dem Off ist Lachen zu hören und eine Stimme mit den Worten: "Schönen Tag noch, Kumpel." Ein Mann in dem Video sagt, während er seinen Reissverschluss zuzieht: "eine goldene Dusche". Das US-Marinekorps hat Ermittlungen aufgenommen.
Das 39 Sekunden lange Video ist am Mittwoch ins Web gestellt worden. Es wurde zunächst auf einer Webseite hochgeladen, die das lateinische Motto der Marine im Namen trägt: "Semper fi" (immer gewissenhaft). Die vier erkennbaren Soldaten tragen die Kampfuniform und Waffen der Marines. Sie sollen zu dem "Scout Sniper Team 4" gehören. Die Einheit aus Camp Lejeune in North Carolina ist bis zum vergangenen Oktober sieben Monate lang im Einsatz in Afghanistan gewesen.
Gegenüber dem Fernsehsender CNN erklärte Marine-Pressesprecherin Kendra Hardesty am Mittwoch: "Wir haben die Herkunft und Authentizität des Videos noch nicht überprüft." Und fügte hinzu: "Diese Handlungen sind nicht vereinbar mit den Werten der Marines". Sie würden "umfassend untersucht". Im Verteidigungsministerium kommentierte Pressesprecher John Kirby: "Dies ist häßlich. Ein ekelhaftes Benehmen".
Im Internet wurde das Video sofort ein Renner. Die meisten US-Fernsehsender zeigten nicht das Video, sondern lediglich ein stehendes Bild der Szene und verschleierten die Gesichter der vier urinierenden Soldaten. Mehrere Fernsehreporter stellten die Szene am Mittwoch in Zusammenhang mit Abu Ghraib, wo US-Soldaten Gefangene misshandelten.
Auf der Webseite der Zeitung USA today äußerten am Mittwoch Leser Verständnis für die Leichenschänder. "Taliban sind unsere Feinde und versuchen unsere Soldaten umzubringen. In diesem Fall haben sie verloren", schreibt einer. "Sie haben so viele Amerikaner umgebracht", schreibt ein anderer.
In Afghanistan sind derzeit rund 20.000 Marines stationiert, die meisten in den Regionen Kandahar im Süden und Helmand im Südwesten. Insgesamt sind rund 130.000 US- und Nato-Soldaten in Afghanistan im Kampf gegen Taliban-Kämpfer im Einsatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“