US-Söldner im Irak: Krieger außer Kontrolle
Die irakische Regierung fordert den Abzug der US-Sicherheitsfirma Blackwater. Doch das US-Außenministerium ist abhängig von ihnen.
WASHINGTON taz Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat nach Informationen des Fernsehsenders CNN die USA dazu aufgefordert, alle Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma Blackwater aus dem Irak abzuziehen.
Die irakischen Untersuchungen des Vorfalls vom 16. September, bei dem Leibwächter des Unternehmens elf Zivilisten erschossen, seien beendet, zitierte CNN am Dienstagabend einen Berater al-Malikis, Sami al-Askari. Demnach hätten die Angestellten der privaten US-amerikanischen Sicherheitsfirma Blackwater die Iraker willkürlich getötet, ohne dass sie zuvor provoziert worden seien.
Zwar steht das Resultat der US-amerikanischen Ermittlungen noch aus, doch Erik Prince, der Chef von Blackwater und ein früherer Elitesoldat, der über gute Kontakte zur Bush-Regierung verfügt, will schon jetzt wissen, was darin steht. Die irakischen Vorwürfe weist er zurück. Nach den Untersuchungsberichten, in die er Einsicht gehabt habe, hätten drei Wagen der eingesetzten Blackwater-Eskorte Einschusslöcher aufgewiesen, sagte Prince in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS. "Und es ist klar: Unsere Jungs haben nicht aufeinander geschossen."
Die "Jungs", die an jenem Septembertag einen Konvoi von Mitarbeitern des US-Außenministeriums begleiteten, sagen, sie seien auf einem belebten Platz nahe dem Bagdader Mansour-Viertel plötzlich beschossen worden. Irakische Augenzeugen berichten hingegen, dass die Söldner zuerst auf ein kleines Auto gefeuert hätten, in dem ein Ehepaar mit einem Kind saß. Der Fahrer dieses Autos hätte nichts weiter getan, als dem Konvoi nicht schnell schnell genug auszuweichen. Sicher ist nur, dass sich innerhalb von zwanzig Minuten auch irakische Polizisten und Soldaten an der Schießerei beteiligten. Seit diesem Vorfall kochte die irakische Bevölkerung vor Wut.
In der Vergangenheit hatte das US-Außenministerin mehrfach Skandale um Blackwater vertuscht - beispielsweise im Fall eines Söldners, der an Weihnachten 2006 im Suff einen Iraker erschoss und unbehelligt ausfliegen konnte. Nach dem Vorfall in Bagdad beeilte sich Außenministerin Condoleezza Rice, neue Einsatzbestimmungen herauszugeben, nach denen künftig jeder von Blackwater im Irak geführte Konvoi von Sicherheitskräften des Außenministeriums begleitet werden soll. Der Ministerin bleibt nichts weiter übrig, als alles zu tun, um die Handlungsfähigkeit der Firma zu erhalten. Denn diese gewährleistet für 750 Millionen US-Dollar jährlich, dass das Außenministerium im Irak überhaupt arbeiten kann. Die 861 Mitarbeiter der Firma im Irak schützen die Diplomaten des US-Außenministeriums.
Wie abhängig das Außenministerium von ihnen ist, wurde allen klar, als die irakische Regierung die Firma nach dem 16. September kurzfristig aus dem Verkehr zog: Die Mitarbeiter von Rice konnten weder ihre Wohnungen in Bagdad verlassen noch ihre diplomatischen Aufgaben wahrnehmen.
Doch Sanktionsmöglichkeiten sollen diese Konvoibegleiter nicht bekommen, ihre Kontrolle beschränkt sich auf Berichte. Die ministeriellen Bewacher würden sich zudem auf jeder Autofahrt im Irak größten Gefahren aussetzen - und dabei nur ein Drittel dessen verdienen, was ein Mitarbeiter von Blackwater für sein Risiko erhält.
Selbst wenn die US-Behörden und das FBI zu dem Schluss kämen, dass Blackwater kriminell gehandelt hat - angeklagt würden die Söldner, bei denen es sich oftmals nicht um US-Staatsbürger handelt, nicht. Davon jedenfalls ist Scott Horton von der Columbia University überzeugt. Der Spezialist für juristische Fragen in bewaffneten Konflikten meint, dass die irakischen, internationalen und US-Gesetze in dieser Frage zu widersprüchlich seien.
Privatdienste in Krisengebieten - dieses unerprobte juristische Feld verleiht den Söldnern gegenwärtig auf der ganzen Welt nahezu unbegrenzten Schutz. Privatdiensten und ihren Subunternehmern im Irak wurde zudem von der US-Übergangsregierung unter Paul Bremer im Jahr 2004 Immunität gewährt.
So verwundere es nicht, sagt Horton, dass trotz der zahlreichen gewaltsamen Vorfälle in den vergangenen drei Jahren kein einziger Söldner zur Rechenschaft gezogen wurde.
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