US-Scharfschütze Edward Gallagher: Monster oder Opfer übler Nachrede
Der Navy Seal wird beschuldigt, im Irak kaltblütig Zivilisten erschossen zu haben. Für seine Amnestierung läuft eine Kampagne.
Für die einen ist er ein Monster, das 2017 im Irak blutrünstig einen verwundeten 17-jährigen IS-Kämpfer in seiner Obhut erstochen hat; ein Killer, der als Scharfschütze mehrfach in Menschenansammlungen zielte und mindestens zwei Zivilisten umgebracht hat; ein Kriegsverbrecher der übelsten Sorte. Für die anderen ist der 39-jährige hochdekorierte Navy Seal ein US-amerikanischer Kriegsheld und ein Opfer übler Nachrede durch neidische Untergebene.
Gallaghers Pech: Zu Ersteren gehört auch Militärstaatsanwalt Chris Czaplak, der ihn wegen Kriegsverbrechen angeklagt hat. Und eigentlich sollte am Dienstag der Prozess gegen den Soldaten beginnen. Der ist allerdings verschoben worden, weil Gallaghers Verteidigung nachweisen konnte, dass sich in der E-Mail-Signatur des Staatsanwalts eine Art Trojaner befand: eine geheime Tracking-Software, die gegen die Verteidigung eingesetzt wurde.
Letztere verlangt jetzt eine Anklage gegen den Staatsanwalt, mindestens aber dessen Abzug aus dem Verfahren. Offenbar war es Czaplak darum gegangen herauszufinden, woher Journalisten über vertrauliche Prozessakten und Protokolle verfügten. Ende April erschien in der Navy Times ein umfassender Artikel über den Fall, der ausführlich aus solchen Akten zitierte.
Gallaghers Glück: Zu seinen Unterstützer*innen gehören etliche republikanische Politiker – und womöglich auch Präsident Donald Trump. Der hatte bereits vor Monaten dafür gesorgt, dass Gallagher aus der Einzelhaft in angenehmere Haftbedingungen kam und regelmäßig zu seiner Familie Kontakt halten konnte. Jetzt, so wurde in US-Medien spekuliert, könnte Trump den Memorial Day, ein jährliches Andenken an die Toten der Kriege, dazu nutzen, Gallagher entweder zu amnestieren oder in seiner Funktion als Oberkommandierender der US-Armee die Einstellung des Verfahrens anzuordnen.
Zwei Bilder der selben Person
Unter dem Hashtag #FreeEddie läuft eine große Unterstützungskampagne für den Angeklagten. Vorn dabei ist seine Familie. Sein Bruder Sean und seine Ehefrau Andrea treten regelmäßig in Fernsehsendungen auf, sprechen in den höchsten Tönen von „Ed“ und dass er sich nie so verhalten würde, wie es ihm mehrere Soldaten vorwerfen: unbeherrscht, mordlustig, respektlos gegenüber der Zivilbevölkerung.
Alles aus Missgunst erfunden, um Gallaghers Militärkarriere zu zerstören, sagen die Familie und Gallaghers Anwalt. Achtmal sei Gallagher im Kampfeinsatz gewesen, sagt der Bruder: „Irak, Afghanistan. Er war in Afrika und überall. Er hat gegen die Taliban gekämpft. Er hat al-Qaida bekämpft und war gerade erfolgreich dabei, den IS zu besiegen.“ Man habe nie gedacht, dass ihm so etwas widerfahren könne wie diese „ungerechte“ Anklage.
Der Fall Gallagher ist längst zum Politikum geworden. Und ob es je zum Prozess kommt, ist fraglicher denn je. Es wird auch davon abhängen, wie weit „America First“-Präsident Trump bei der Unterstützung Gallaghers gehen wird.
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