US-PRÄSIDENT BUSH WILL STEUERN SENKEN UND SOZIALAUSGABEN ERHÖHEN: Rückfall in die Reaganomics
Die Masche ist nur allzu bekannt, aber sie funktioniert trotzdem jedes Mal wieder: Wenn George W. Bush vor einem großen Publikum den Präsidenten geben muss, dann streift er sich seinen Schafspelz über und mimt den Konservativen mit Herz. Am Dienstag, bei seiner ersten Rede vor dem US-Kongress, häkelte der Neue im Weißen Haus den amerikanischen Fernsehzuschauern einen Schal des Mitgefühls für analphabetische Schüler und Rentner ohne Arzneimittel. Die guten Zeiten müssten genutzt werden, um Amerikas Probleme zu lösen, bediente sich der Republikaner aus dem Nähkästchen der Opposition.
In Wirklichkeit hat der Wolf nur eines auf dem Herzen: Seine Anhänger wollen Steuersenkungen sehen, und Bush will nicht der zweite Präsident dieses Namens werden, der sein diesbezügliches Versprechen bricht. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Kongress braucht er dafür allerdings die Unterstützung einiger Demokraten. Was als Charmeoffensive mit Einladungen von Oppositionspolitikern ins Weiße Haus begann, gipfelt nun in einem Ausgabenfest, das der demokratische Senator Robert Byrd zu Recht als „reinsten Irrsinn“ charakterisiert.
Derzeit bemühen sich die Demokraten noch, Bushs Haushaltswerk auszuhebeln – allen republikanischen Appellen zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit zum Trotz. Wer gleichzeitig die Steuereinnahmen verringern und die Sozialausgaben erhöhen wolle, riskiere einen Rückfall ins Zeitalter der Defizite, rechnet die Opposition vor. Aber die Demokraten haben als Oberbuchhalter einen schwereren Stand als Bush. Denn mit seiner Rede konnte der Präsident sich erfolgreich in der Mitte breit machen. Und letztlich wird wie immer in den USA jenes Lager siegen, das in den Meinungsumfragen überzeugen kann. ELLY JUNGHANS
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