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US-Gericht urteilt zu Online-MusikMP3-Recycling wird verboten

Das Startup Redigi wollte ein Markplatz für gebrauchte Musikdateien werden. Nun hat ein Gericht entschieden, dass es gebrauchte digitale Musik gar nicht geben kann.

Gebrauchte Musikdateien verkaufen: darf man das? Bild: Screenshot: Youtube.com

BERLIN taz | Ein US-Gericht hat das Geschäftsmodell eines Startup-Unternehmens für illegal erklärt, das einen Marktplatz für gebrauchte Musikdateien anbietet. Auf der Website Redigi konnten bislang Nutzer Musik, die auf dem Apple-Dienst iTunes gekauft wurde, weiterverkaufen. Mit einem Programm wurde dabei die Musikdatei auf die Website kopiert und das Original des Nutzers gelöscht.

Das Plattenlabel Capitol Records verklagte daraufhin Redigi wegen systematischer Urheberrechtsverletzungen. Redigi verteidigte sich mit Verweis auf die sogenannte „First Sale“-Doktrin, die es Käufern in den USA grundsätzlich erlaubt legal erworbenes urheberrechtlich geschütztes Material weiterzuverkaufen. In seinem Urteil (pdf) folgte der Richter allerdings der Argumentation des Plattenlabels.

Grundsätzlich könnte auch digitale Musik verkauft werden, heißt es in der Begründung, aber nur wenn sie mit dem physischen Datenträger, auf dem sie ursprünglich gespeichert wurde, verkauft werde. Beim Kopiervorgang von der Festplatte des Nutzers auf die Server von Redigi werde die Datei allerdings „reproduziert“, was gegen das Urheberrecht verstoße. Das bedeutet im Endeffekt, dass es gebrauchte Dateien nach Ansicht des Gerichts gar nicht geben kann.

Redigi hat auf das Urteil noch nicht reagiert: Am Dienstag war die Website noch online und bot weiterhin gebrauchte Musikdateien zum Verkauf an. Unklar ist bisher auch, wie hoch eine eventuelle Strafzahlung ausfüllen würde. Da noch Unklarheiten bestünden, forderte der Richter Redigi und Capitol auf, eine gemeinsame Erklärung zum weiteren Vorgehen abzugeben. (lrs)

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9 Kommentare

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  • PP
    @ Peter

    Das mit dem "ursprünglichen" Datenträger ist doch sowieso Quatsch oder nicht? Auch Schallplatten waren schon Kopien vom ursrpünglichen Datenträger. Ausserdem habe ich ja sowohl bei Schallplatte als auch CD die Produktionskosten als Konmsument mitgetragen. Wenn ich also Daten ohne Datenträger verkauft bekomme, sollte ich sie dann nicht auch genauso weiterverkaufen/vererben/etc dürfen wie mit Datenträger? Weiterhin ist es auch eine Frechheit, dass durch die Mp3 Musik mitnichten günstiger geworden ist, da ja die Produktionskosten für die anscheinend so wichtigen Datenträger wegfallen, sondern einfach die Preise für Musik MIT Datenträger gestiegen sind.

  • G
    GGG

    Aha. Ich muss also meine 2-Terabyte-Festplatte mitliefern, wenn ich eine Lieddatei in der Größe von 4 Megabyte verkaufen will. Interessant.

  • F
    Fritz

    Es gibt auch bei Software eine solche Unterscheidung. Mit CD und ohne geliefert IMHO.

     

    Und was lernen wir daraus: Enteignung durch Digitalisierung!Rad

  • L
    leChat

    Meine Logik wäre jetzt, dass, wenn es keine gebrauchten mp3s geben kann, es auch keine geklauten mp3s geben kann, aber das ist natürlich wieder etwas ganz anderes.

     

    Die Musikindustrie lernt langsam, wie man mit digitaler Musik Geld verdienen kann. Das praktische Verbieten eines Gebrauchtmarkts hat ja schon in der Spieleindustrie Schule gemacht.

  • E
    ennui

    Derlei Rechts-auslegung/-findung darf keinesfalls Schule machen – der Richter hätte ebensogut argumentieren können, dass, um die Prämissen der „the first sale doctrine “ zu erfüllen, der bei diesem Geschäftsmodell, Handel fehlende ‘materielle körper’ (material objects ) neuzeitlich eben durch die jeder legal erworbenen, virtuellen Musik-Datei spezifisch inhärenten Kenn-Daten ersetzt, gegeben sei, die ja definitiv vorab von ReDigi vor Annahme der Privat-Datei geprüft werden.

    Die US$-Lobby läßt grüßen .... im Prinzip müssten alle Käufer solcher Musik-Dateien eine Sammelklage gegen aufmuckende Musikkonzerne anstreben. Und bei höchtsrichterlichem Negativ-Entscheid eben nicht mehr in solchen stores wie "Apple-Dienst iTunes", etc. ein-kaufen.

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Ugh…

     

    @Peter: Das ist eine gute Frage: Hat Apple selbst die Dateien auf physischen Datenträgern gekauft? Hätte ich sie da hochgeladen dann sicher nicht…

     

    Heute sind die Neuigkeiten wirklich explosiv… Bewegungsdaten ermöglichen die eindeutige Identifizierung mit nur 11 zufälligen Datenpunkten, mp3s sind in den USA keine Waren mehr, ausländische Hacker müssen Uniformen tragen um den Schutz der Genfer Konvention zu erhalten und Schweden bekommt ein geschlechtsneutrales Pronom.

  • J
    J.Branca

    "Redigi verteidigte sich mit Verweis auf die sogenannte „First Sale“-Doktrin, die es Käufern in den USA grundsätzlich erlaubt legal erworbenes urheberrechtlich geschütztes Material weiterzuverkaufen."

     

    Wenn die First-Sale-Doktrin tatsächlich den Weiterverkauf von urheberrechtlich geschütztem Material grundsätzlich erlauben würde, dann könnte das Gericht den Weiterverkauf von TRÄGERLOS verbreiteten Musikdateien nicht unter Hinweis auf eben jene First-Sale-Doktrin verbieten.

     

    Was soll ein Artikel, in dem das Grundproblem - der Unterschied zwischen der trägerlosen Verbreitung und der Verbreitung in Form von Vervielfältigungsstücken - nicht einmal erwähnt, geschweige denn erläutert wird?

     

    Außerdem sind bereits in der Überschrift (vier Worte) zwei Fehler enthalten:

    Bei Apple und bei ReDigi geht es nicht um MP3-Dateien.

    Das "Recycling" von legal gekauften Musikdateien wird nicht verboten. Es war noch nie erlaubt.

  • J
    Jörn

    Das Urheberrecht wurde immer mehr privatisiert. Das heisst es gibt keine Standardlizenzen mehr sondern die Anbieter können einseitig bestimmen, was erlaubt und was verboten ist.

    So lässt Apple die Übertragung von Einkäufen auf andere nicht zu. Wenn der Lebenspartner stirbt, darf man dann auch die Musik und die Apps des Verstorbenen weder auf sich übertragen noch weiternutzen - allenfalls noch auf der alten Hardware - schon ein Betriebssystemupdate geht nicht mehr.

    Bei der haptischen Schallplatte oder CD war sowohl der Weiterverkauf zulässig als auch jegliche Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Geräten oder Höhrern einfach nicht möglich - weder technisch noch rechtlich.

  • P
    Peter

    Demnach müsste doch eigentlich der Kauf von Musik über iTunes auch illegal sein, da auch hier die dateien kopiert werden und nicht gemeinsam mit dem "ursprünglichen" physischen Datenträger gemeinsam verkauft werden.

    Naja, ihr schafft das schon irgendwie...