US-Gefangenenlager Guantánamo: Der Skandal, der bleibt

Seit fast 20 Jahren betreiben die USA das inhumane Gefangenenlager Guantánamo. Höchste Zeit für Biden, diesen Schandfleck zu beseitigen.

Füße eines Mannes mit Fussfesseln und Ketten

Ein Gefangener in Guantánamo im Camp 6 – aufgenommen 2010 Foto: Michelle Shephard/reuters

Er wolle den Afghanistankrieg keinem fünften US-Präsidenten hinterlassen, sagte Joe Biden kürzlich zur Begründung, warum er am Datum des Truppenabzugs festhalte. So problematisch sich die Auswirkungen dieser Entscheidung auch darstellen – es wäre gut, wenn Biden zum Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba die gleiche Entschlossenheit an den Tag legte.

Seit ebenfalls fast 20 Jahren besteht das Gefängnis dort als dauernder Schandfleck, als ständige Mahnung daran, dass die angeblich vertretenen westlichen Werte von Rechtsstaat und Menschenrechten gerade dann nicht viel wert sind, wenn es darauf ankommt.

Der gerade begonnene Militärprozess gegen einen indonesischen und zwei malaysische Gefangene illustriert das. Nach 18 Jahren in Gefangenschaft ohne Anklage, nach mehrfacher Folter in CIA-Gewahrsam, soll jetzt wegen mutmaßlicher Täterschaft bei den blutigen Anschlägen in Bali 2002 und Jakarta 2003 über sie zu Gericht gesessen werden. Ankläger, Verteidiger und Richter stehen allesamt im Dienst des Pentagon. Unter Folter erpresste Aussagen, keine unabhängige Justiz – dieser Prozess hat mit Rechtsstaatlichkeit nicht das Geringste zu tun.

Die einzige juristisch saubere Lösung wäre sofortige Einstellung des Verfahrens, Freilassung und Entschädigung der Angeklagten und aller anderen, die noch in Guantánamo einsitzen. Das würde womöglich bedeuten, tatsächlich Menschen auf freien Fuß zu setzen, die sich schwerster Verbrechen schuldig gemacht haben: ohne Frage kein gutes Ergebnis. Aber mit ihrem Vorgehen haben die USA selbst dafür gesorgt, dass die Opfer des Terrors keine Gerechtigkeit erfahren können.

Ein solches Ende des Skandals wäre durchaus schmerzhaft – ähnlich wie der Abzug aus Afghanistan. Aber dennoch ist es die einzige Möglichkeit, das dunkle Kapitel der CIA-Geheimgefängnisse, der jahrelangen Isolationshaft und Folter endlich hinter sich zu lassen. Sich und der Welt würden die USA mit dieser Demonstration des Umkehrwillens mehr nutzen als mit einer zwielichtigen Verurteilung. Allein: Es wird wohl auch Biden dafür an Mut fehlen.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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