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US-DrohnenangriffeWeder sauber noch präzise

Ein Bericht über Drohnenangriffe, die der US-Geheimdienst CIA in Pakistan durchgeführt hat, zählt bis zu 775 zivile Todesopfer. Darunter sind auch 175 Kinder.

Eine Drohne vom Typ MQ-1 Predator. Die USA setzen die unbemannten Kampfflieger nicht nur in Pakistan ein. Bild: dpa

BERLIN taz | Angriffe mit Drohnen sind nicht, wie von ihren Befürwortern behauptet, "sauber, präzise und gezielt". Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung aller verfügbaren Daten über die seit 2004 vom US-Geheimdienst CIA in Pakistan durchgeführten Drohnenangriffe.

Laut einem jetzt vom Bureau of Investigative Journalism (BIJ) vorgelegten Bericht der 2009 gegründeten Journalisteninitiative ist die Gesamtzahl der Toten durch Drohnen 40 Prozent höher als bisher angenommen. Bei den mindestens 291 Drohnenangriffen im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet seit 2004 starben laut BIJ 2.292 bis 2.863 Menschen. Mindestens 1.104 seien verletzt worden. 126 namentlich bekannte bewaffnete Islamistenführer seien dabei getötet worden wie auch mehrere hundert militante Islamisten.

Aber eben auch 385 bis 775 Zivilisten, darunter 164 Kinder. "Man muss fragen, ob diese Drohnenangriffe jene radikalisieren, die dabei Angehörige und Freunde verloren haben", so BIJ. US-Geheimdienstangaben sprechen laut BIJ bisher von 2.050 Todesopfern, darunter seien bis auf 50 nur militante Islamisten.

Die Drohneneinsätze wurden unter Präsident Barack Obama stark ausgeweitet - auf einen Angriff alle vier Tage. Nicht nur das war der Grund für die Recherchen der BIJ: "Kriege werden heute nicht nur im Kampf um Informationen gewonnen und verloren, sondern auch um Zahlen von Todesopfern. Der Drohnenkrieg ist weitgehend geheim und unsere Studie zeigt unmissverständlich, dass es dazu ernsthafte Fragen gibt. Dafür müssen in dieser Zeit Zahlen gesammelt werden."

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3 Kommentare

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  • SZ
    Sven Züchner

    Ich muss zu meiner tiefen Schande gestehen, dass ich obwohl ich ein überzeugter Gegner des Afghanistan Krieges bin zeitweise ein gewisses "Verständnis" für den Kampfeinsatz dieser Drohnen hatte. Terroristen, die in aller Welt wahllos Morden und Selbsmordattentäter retrutieren, die dann wiederum unzählige unbeteiligte Menschen ermorden zu töten erschien mir zumindest nachvollziehbar, vielleicht sogar vernünftig. Nachdem ich jetzt aber die Informationen über die gar nicht so präzisen Mordwaffen gelesen habe, und mir nochmal klargemacht habe was dieser Drohnenkrieg für Angst und Schrecken für die dort lebende Bevölkerung bedeutet, die jede Sekunde damit rechnen müssen, dass der Tod aus der Luft kommt, lässt mich diese perversen Tötungsmachinen doch ablehnen! Und die Zahlen der zivilen Opfer haben mich ebenfalls entsetzt. Ich wußte das nicht. Wie viele Kinder und Zivilisten muss man ermorden, damit einem der Friedensnobelpreis wieder aberkannt wird?

  • M
    Marcus

    Es mag zynisch sein so zu Vergleichen aber bei "konventioneller" Kriegsführung liegt das Verhältnis von getöteten Kombatanten zu Zivilisten oft zwischen 1:1 und 1:2. Im vergleich sind die Drohnen mit ihrem 1:5 tatsächlich präzise und sauber. Da aber jeder Tote einer zuviel ist ist so ein Vergleich und die daraus abgeleitete Wortwahl eben doch sehr makaber.

  • W
    Wüterich

    Obama: "Ich kann den Friedensnobelpreis leider nicht persönlich abholen. Aber ich schicke eine Drohne hin, die das für mich erledigt".